ifo Institut: Probleme werden nicht gelöst Stoiber lehnt Bürgerversicherung ab

München (rpo). Edmund Stoiber (CSU) hat sich gegen eine Bürgerversicherung ausgesprochen. Bayerns Ministerpräsident sieht eine solche Bürgerkasse skeptisch, weil alle in ein Zwangssystem gepresst würden.

Deutschland habe schon fast eine Bürgerversicherung, denn 90 Prozent der Bürger seien in der gesetzlichen Krankenversicherung. "Ich bin nicht der Meinung, dass man wegen 10 Prozent das gesamte gesetzliche System von Grund auf umwälzen sollte", sagte Stoiber.

Nach Einschätzung des Münchner ifo Instituts könne eine Bürgerversicherung die strukturellen Probleme im Gesundheitswesen nicht lösen. "Wichtige Faktoren wie die Alterung in der Bevölkerung sind in dieses Modell nicht einbezogen", sagte ifo- Sozialexperte Martin Werding der dpa am Dienstag in München. Aus einer Einbeziehung von Beamten, Freiberuflern, Selbstständigen und Politikern in die Versicherungspflicht seien lediglich kurzfristige Effekte zu erwarten, weil die Einnahmebasis breiter würde.

In der rot-grünen Koalition ist derzeit unter anderem die von den Grünen vorgeschlagene Deckelung des Arbeitgeberanteils bei 6,5 Prozent umstritten. "Wenn es um die Begrenzung der Lohnnebenkosten geht, wäre eine Deckelung einer der möglichen Wege", sagte Werding. "Lieber wäre mir aber ein Modell mit mehr privater Zusatzsicherung." Dies erfordere schon die große Kostendynamik im Gesundheitswesen, die auch auf den medizinischen Fortschritt zurückzuführen sei.

Zwei-Säulen-Modell

Auf längere Sicht könnte sich nach Einschätzung Werdings ein Zwei- Säulen-Modell aus staatlicher Grundsicherung und privat abgesicherten Zusatzpaketen durchsetzen. Dabei würde das Sicherungsniveau der gesetzlichen Krankenkasse weiter reduziert und durch kapitalgedeckte Bestandteile ersetzt. "Vom umlagefinanzierten System in die Kapitaldeckung ist es ein weiter Weg, aber ein Schritt in diese Richtung wäre ein Schritt auf dem richtigen Weg", sagte Werding.

Auch wenn am bisherigen System festgehalten werde, müssten nicht nur die Löhne zur Finanzierung des Gesundheitswesens herangezogen werden, forderte der Experte. Eine Einbeziehung von Miet-, Zins- und Kapitaleinkünften sei denkbar. Für sinnvoller hält Werding aber das Modell risikoorientierter Kopfpauschalen. Versicherte, die ihre Beiträge nicht selbst decken könnten, sollten Unterstützung aus dem Steuertopf erhalten. "Dieses System zeigt am klarsten: Wie hoch sind die Kosten des Systems und wie verläuft die Umverteilung."

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