Abgeordnete fordern Erleichterungen noch 2009 Steuerpolitik: CDU-Angriffe gegen Merkel

Berlin (RPO). Noch vor zwei Wochen verspotteten die Kollegen aus der Schwesterpartei CSU-Chef Erwin Huber. Er hatte ein milliardenschweres Konzept für Steuererleichterungen vorgelegt. Der Wind hat sich gedreht. Inzwischen werben auch CDU-Mitglieder offen für Steuervergünstigen noch bis 2009. Auch persönliche Kritik an der Kanzlerin wird laut.

Das CSU-Steuerkonzept
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Angela Merkel hatte sich am Donnerstag überraschend im Rahmen ihrer Reise durch Lateinamerika zu Wort gemeldet. Und das, obwohl sich Politiker auf Reisen mit Äußerungen zur Innenpolitik üblicherweis vornehm zurückhalten.

Anlass für die Äußerung: In einem offenen Brief hatten 200 Abgeordnete der Union schon 2009 die Anhebung des Steuerfreibetrags und die Anpassung des Steuertarifs an die Inflationsentwicklung gefordert.

Merkel sagte dazu am Donnerstag in Brasilien, die Haushaltskonsolidierung solle zwar weiter verfolgt werden. Doch "alles, was wir den Menschen zurückgeben können, werden wir natürlich auch zurückgeben", so schnell das möglich sei.

Zwar folgte am Freitag die Korrektur aus Berlin, Merkels Aussage dürfe nicht als Sinneswandel gedeutet werden. Deutlicher hätte das Indiz nicht sein können: Bei der Union ist Druck im Kessel.

Auch am am Freitag warben Unions-Angehörige wieder offen für Entlastungen bei Einkommensteuertarif und Grundfreibetrag noch in dieser Legislaturperiode.

Persönliche Kritik an Merkel wird laut.

Der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung der Union, Josef Schlarmann (CDU), forderte Merkel auf, sich "aus der Umklammerung" von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) zu lösen und die politischen Prioritäten von der Haushaltskonsolidierung zur Steuerentlastung korrigieren. Ein solcher Politikwechsel stärke die Binnenkonjunktur und beende die Enttäuschung der Stammwählerschaft der CDU, sagte Schlarmann dem "Handelsblatt" vom Freitag.

CDU-Abgeordnete Peter Rauen Auch der CDU-Abgeordnete Peter Rauen beharrte auf Steuersenkungen schon 2009. "Dass in einem Jahr, in dem die Löhne um zwei Prozent steigen, durch die kalte Steuerprogression den Menschen fünf Milliarden Kaufkraft entzogen wird, das kann einfach nicht sein", sagte er am Freitag im Deutschlandradio Kultur. Das Ziel der Haushaltskonsolidierung werde durch eine Entlastung nicht aufgegeben.

Der Vize-Chef des Arbeitnehmerflügels, Stefan Müller (CSU), sagt im WDR, nach Jahren der Zumutungen müsse es gerade für Normalverdiener und Familien wieder ein Signal geben, dass finanzielle Entlastungen möglich seien. "Wir repräsentieren innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine große Mehrheit", sagte Müller. "So dass ich davon ausgehe, dass auch die Führung beider Volksparteien sich dem nicht verschließen kann."

Huber jubiliert

Die CSU-Spitze fühlt sich durch die Aktion der 200 Unionsabgeordneten gestärkt. Die gemeinsame Forderung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerflügel sei eine "kleine Sensation", sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer der "Bild"-Zeitung vom Freitag. "Ich kann allen nur raten, das sehr ernst zu nehmen." CSU-Chef Erwin Huber verwies auf die gestiegenen Steuereinnahmen. "Ich fühle mich absolut bestärkt", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung".

Es gibt auch Gegenströmungen in der Union. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla pochte hingegen am Freitag darauf, der Haushaltskonsolidierung weiterhin Vorrang einzuräumen. "In dieser Legislaturperiode kann es keine Steuersenkung geben", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Er kündigte jedoch an, dass Kindergeld und Kinderfreibetrag erhöht werden könnten, wenn dies laut dem für Herbst erwarteten Existenzminimum-Bericht notwendig sei.

Auch der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) wandte sich gegen rasche Steuersenkungen. "Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Entlastung nicht durch Verschuldung finanziert werden darf", sagte er der "Stuttgarter Zeitung" vom Freitag. "Steuersenkungen darf es erst geben, wenn wir im Rahmen der Föderalismusreform eine wirksame Schuldenbremse erreicht haben."

Die SPD ist stocksauer

Die SPD wirft der Union unverantwortlichen Populismus vor. Es dürfe keine "unrealistischen Wahlgeschenk-Ankündigungen" geben, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil am Freitag in Berlin. Den rund 200 Abgeordneten aus der Unionsfraktion, die Steuersenkungen fordern, warf er vor, "sich hinter den Steuerpopulismus" von CSU-Chef Erwin Huber gestellt zu haben. "Das wird's nicht geben. Das ist mit uns nicht zu machen", hob Heil hervor. "Wenn alle anderen die Nerven verlieren, dann muss es eine Partei geben, die vernünftig bleibt: Das ist die SPD." Der vereinbarte Kurs der Haushaltskonsolidierung müsse gehalten werden.

Heil warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) davor, den gemeinsamen Kurs zu verlassen. Merkel solle nicht "die Quadratur des Kreises versuchen". Es gehe nicht, den Haushalt zu konsolidieren, die Ausgaben etwa für Bildung und Forschung zu erhöhen und gleichzeitig die Steuern zu senken. Zwar sei das Wachstum im Moment "robust", doch sei die weitere Entwicklung unklar. Das Verhalten der Union nannte Heil trotz einzelner vernünftiger Stimmen "chronisch oppositionell" aus "Panik vor den Landtagswahlen".

(afp)
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