Attentatsopfer im Interview Schäuble: "Ich bin nicht traumatisiert. Ich bin gelähmt"

Hamburg (RPO). Sowohl Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) als auch der Chef der Linkspartei Oskar Lafontaine sind in den 90er Jahren Opfer von Attentaten geworden. In einem gemeinsamen Interview sprechen die beiden nun darüber, wie dieses Erlebnis sie verändert hat.

Oskar Lafontaine - Etappen seiner Karriere
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Foto: dpa/Alina Novopashina

Sowohl Wolfgang Schäube als auch Oskar Lafontaine haben Skrupel, den jeweils anderen in der politischen Auseinandersetzung hart anzugreifen, das erklärten sie in dem gemeinsamen "Stern"-Interview. Die beiden bestätigten , dass sie seit den auf sie im Jahr 1990 verübten Attentaten mehr Rücksicht aufeinander nähmen, als im politischen Tagesgeschäft sonst üblich. Lafontaine spricht von "Beißhemmung", die er gegenüber Schäuble habe, Schäuble seinerseits von einer "zusätzlichen Hemmschwelle".

Lafontaine war im April 1990, damals noch als SPD-Kanzlerkandidat, auf einer Wahlkampfveranstaltung von einer geistig verwirrten Frau in den Hals gestochen worden. Schäuble wurde im Oktober des gleichen Jahres ebenfalls von einem geistig Verwirrten durch Schüsse derart schwer verletzt, dass er seither querschnittsgelähmt ist.

Der Chef der Linkspartei räumte im "Stern" zudem ein, auch heute noch durch das Attentat traumatisiert zu sein. "Ich habe dieses Trauma, dass ich plötzlich völlig aus der Bahn geworfen wurde", sagte Lafontaine.

Wolfgang Schäuble sieht das für sich anders: "Ich bin nicht traumatisiert. Ich bin gelähmt." Beide Politiker berichteten davon, wie gravierend der Einschnitt in ihrem Leben war: "Ich habe erfahren, wie verletzlich ich in Wahrheit bin und war danach innerlich sehr viel unsicherer als zuvor", sagte Lafontaine. Und Schäuble erklärte: "Ich habe eine mir bis dahin völlig unbekannte Erfahrung gemacht: Von einer Sekunde auf die andere kann alles anders sein."

Lafontaine hatte den schwer verletzt im Krankenhaus liegenden Schäuble Ende November 1990, zwei Tage vor der Bundestagswahl, im Krankenhaus besucht, ohne dies öffentlich zu machen. Im "Stern"-Interview bedankte sich Schäuble nun dafür: "Mir hat es gut getan. Wenn Sie mir mit dem Krankenhausbesuch helfen wollten, dann haben Sie den Zweck erfüllt."

(DDP)
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