Pannenserie in NRW Justizministerin bricht Urlaub ab

Düsseldorf (RP). Der Fall des freigelassenen mutmaßlichen Kinderschänders aus Viersen könnte personelle Konsequenzen für die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach haben. Für NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) sind die Vorgänge jedenfalls "nicht akzeptabel". Sie will den Zwischenbericht am Donnerstag persönlich entgegennehmen und hat deshalb ihren Griechenland-Urlaub unterbrochen, wie ein Sprecher unserer Redaktion sagte.

 NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) steht massiv in der Kritik.

NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) steht massiv in der Kritik.

Foto: ddp

In der vergangenen Woche war ein 58-jähriger mutmaßlicher Kinderschänder auf Veranlassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus der Untersuchungshaft in Mönchengladbach entlassen worden, weil die Staatsanwaltschaft zu schleppend ermittelt hatte. Dem Viersener wird zur Last gelegt, fünf Mädchen im Alter zwischen neun und zwölf Jahren missbraucht zu haben. Anfang August soll ihm der Prozess gemacht werden. Die Ministerin hatte umgehend eine Überprüfung veranlasst. Ein Ministerialrat des Ministeriums sowie ein Leitender Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf legen heute ihren Zwischenbericht vor.

Der Fall erhält zusätzliche Brisanz, weil Ende Juni ein weiterer Mann aus der U-Haft — ebenfalls in Mönchengladbach — wegen zu langer Verfahrensdauer hatte entlassen werden müssen. Dies war erst am Dienstag bekannt geworden. Der Mann hatte seine Frau bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt.

Das von der Justizministerin vor zwei Jahren angekündigte "Frühwarn-System" zur Vermeidung solcher Entlassungen aus der U-Haft existiere nicht, sagte der SPD-Rechtsexperte Ralf Jäger unserer Zeitung. Auch Monika Düker (Grüne) kritisierte, Müller-Piepenkötter betreibe "reine Ankündigungspolitik". Das Ministerium betont dagegen, dass 2008 die Zahl der Fälle, in denen U-Häftlinge wegen zu langer Ermittlungen entlassen werden mussten, in NRW auf fünf zurückgegangen sei.

"Die Ministerin kann sagen, was sie will — der Personalmangel ist da", sagte der Vorsitzende des Deutschen Richterbunds, Reiner Lindemann. Ohne Überstunden "wäre die Justiz längst am Ende". Der Präsident des Landgerichts Mönchengladbach, Bernd Scheiff, stellte derweil klar, dass weder organisatorische Defizite noch Personalmangel Ursache der Justizpanne gewesen seien. Er sieht ein "bedauerliches Zusammentreffen unglücklicher Umstände".

(RP)
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