Wer kommt nach Ronald Pofalla? Die CDU sucht einen neuen General

Düsseldorf (RPO). Sollte Ronald Pofalla Minister werden, benötigen die Christdemokraten einen neuen Generalsekretär. Einen, der das Parteiprofil wieder schärft und viele enttäuschte Anhänger zurückgewinnt.

 Ronald Pofalla soll Medienberichten zufolge ausfallend geworden sein, sich aber bereits entschuldigt haben.

Ronald Pofalla soll Medienberichten zufolge ausfallend geworden sein, sich aber bereits entschuldigt haben.

Foto: AP, AP

Die folgenden Sätze sollte eine CDU-Vorsitzende, ein Generalsekretär sagen; formuliert hat sie aber weder Angela Merkel noch Ronald Pofalla, sondern Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio.

Die Sätze, die vielen Bürgerlich-Konservativen aus dem Herzen gesprochen sein dürften, lauten: "Wer seine Freiheit in einer der Gemeinschaft fördernden Weise gebraucht, also etwa reell arbeitet oder Arbeitsplätze schafft oder Kinder zur Welt bringt und diese gut erzieht, der sollte nicht bürokratisch behindert oder herabwürdigend behandelt, der sollte mehr geachtet und unterstützt werden. Wir brauchen ein neues bürgerliches Zeitalter ohne die Enge des alten, jedenfalls mehr Respekt für die Familie, für Aufrichtigkeit, Höflichkeit, Fleiß und Erfolg, auch für religiös verankerte Demut."

Fehlt Merkel die christdemokratische Ader?

Man darf vermuten, dass Merkel fast jedes Wort unterschreiben würde, dass auch der demnächst auf einen Bundesminister-Sessel wechselnde Pofalla innerlich Ja dazu sagen würde. Nur, warum bloß kommt niemand auf die Idee, dass die Sätze von Merkel oder Pofalla selbst stammen? Für die geistige Unterfütterung dessen, was "christdemokratisch" sein könnte, fehlt der rund um die Uhr beschäftigten Kanzlerin und Parteivorsitzenden wohl nicht nur Zeit, womöglich auch einfach die "Ader".

Der Abgang des fleißigen, im Umgang sympathischen Niederrheiners Pofalla birgt für die Union die große Chance, sich nach einem neuen Generalsekretär, einem neuen Kurt Biedenkopf, ja nach einem zweiten Heiner Geißler umzuschauen. Die Parteichefin benötigt einen "General" modernen konservativen Zuschnitts, jemanden, der an der Spitze eines richtig verstandenen Fortschritts marschiert; der nicht so seltsam unsubstantiiert, wie Merkel dies einmal bei Maybrit Illner getan hat, sagt: "Manchmal bin ich liberal, manchmal sozial, manchmal konservativ."

Viele enttäuschte Christdemokraten wünschen sich einen Spiritus rector, jemanden, der Verstand und Herz von Menschen anspricht, die noch in der CDU sind, die ihr einmal nahe standen, sich aber zunehmend fragen, ob nicht Fernbleiben konsequenter wäre.

Heiner Geißler, der letzte General

Der letzte wirkliche "General", der sowohl Verstand als auch Herz christdemokratischer Anhänger anzusprechen, sogar Gemüter in Wallung zu bringen vermochte, war Heiner Geißler. Seine politischen Alters-Wunderlichkeiten lassen nicht vergessen, dass der Homo politicus maximus vom Geburtsjahrgang 1930 einst ein schneidend scharfer Campagnero und zudem nachdenklicher Kopf war; dass er temperamentvoller Christenmensch, aber nicht klerikal war; dass er den Doppelcharakter der sozialen Marktwirtschaft mit ihrer "Wohlstand-für-alle"-Fanfare verkörperte und erklären konnte; dass er schließlich im recht verstandenen Sinne konservativ-modern an der Spitze des Fortschritts ging und in der ehemals Männer-dominierten Partei tüchtigen Frauen den Weg in die aktive Politik ebnete.

Die CDU, die seit der NRW-Landtagswahl im Mai 2005 von Wahl zu Wahl an Zustimmung verloren hat, kann sich mit Blick auf die ungleich mehr geschwächte SPD (noch) für eine Volkspartei halten. Schon attestiert aber auch ihr ein Kundiger wie Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte, sie sei nur noch Volkspartei-Ruine.

Damit das Haus zumindest renoviert werden kann, müssten die drei Säulen des Unions-Gebäudes erkennbar gestärkt werden. "Liberal" ­ "sozial" ­ "bürgerlich-konservativ" ­ besonders der letzte Pfeiler zeigt gefährliche Risse. Selbst südlich der Main-Linie scheint kaum einer unerschrocken auf die Lichtung zu treten, der ihn durch Haltung, Lebenszeugnis, Überzeugung stützt. Nicht wenige bürgerlich Gesinnte erwarten von einer Partei mit dem "C" im Kürzel, dass sie nicht aus der neutralen Ecke zusieht, wie aus Feuer Asche wird, sondern versucht, die Reste an Glut neu zu entfachen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort