Zahlreiche Vorschläge eingereicht Konsequenzen aus Amoklauf in Winnenden werden geprüft

Stuttgart (RPO). Auf Grundlage eines umfassenden Expertenberichts prüft die baden-württembergische Landesregierung, welche Konsequenzen aus dem Amoklauf von Winnenden zu ziehen sind. "Wie müssen alles Menschenmögliche tun, um das Risiko erneuter Amokläufe zu reduzieren", sagte Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) am Mittwoch in Stuttgart.

Große Trauerfeier in Winnenden
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Laut Oettinger soll bis November möglichst viel aus der 85-seitigen Wunschliste der Experten umgesetzt werden. Dabei dürfe man allerdings die finanziellen Grenzen des Landeshaushalts nicht verkennen, sagte Oettinger. Die Vorschläge der Experten reichen von Alarmknöpfen in Schulen bis zu mehr Prävention durch Psychologen.

Das Papier des "Expertenkreises Amok" setzt unter anderem einen Schwerpunkt auf die Erkennung von Warnsignalen, die einem Amoklauf vorangingen. Es gelte, eine "Kultur des Hinschauens zu entwickeln". Dazu müssten Beratungsdienste und Hilfestellen ausgebaut werden, "um jungen Menschen in kritischen Situationen zu helfen", heißt es in dem Papier.

Kultusminister Helmut Rau (CDU) verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Zahl der Schulpsychologen bereits vor Winnenden auf 110 verdoppelt worden sei. Damit komme ein Psychologe auf 15.000 Schüler. Nun müsse man darüber nachdenken, ob dies ausreiche.

Zu den praktischen der mehr als 80 Vorschläge zählen etwa das Verbot von Killerspielen, der Einbau von Alarmknöpfen in allen Schulen sowie der Einbau eines Türknaufsystems, damit Klassenzimmer nicht von außen geöffnet werden können. Allein die Umrüstung von rund 100.000 Klassenzimmertüren in Baden-Württemberg würde nach Schätzungen Oettingers mehr als 30 Millionen Euro kosten.

Die Experten kritisierten überdies die Medienberichterstattung über den Amoklauf, bei dem ein 17-Jähriger im März 15 Menschen und dann sich selbst getötet hatte. Viele der Berichte seien reißerisch und "täterzentriert" aufgemacht gewesen. Die detaillierte Berichterstattung sei ein "Katalysator für Nachahmungsphantasien und - absichten amokgeneigter junger Menschen". Die Experten forderten deshalb, dass ein "Handlungskonzept für eine amokspezifische Pressearbeit" erstellt werden müsse. Dazu müsse auch der Presserat "sensibilisiert" und auf die Problematik auch bei der Aus- und Fortbildung von Journalisten eingegangen werden.

Die Fachministerien werden nun Oettinger zufolge das Expertenpapier auswerten und dann "alsbald im Kabinett Vorschläge" machen, wie es von der Landesregierung umgesetzt werden könne. Spätestens bis November sollten die Vorhaben dann in den Haushalt eingearbeitet werden.

(AFP/jre)
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