De Maizière für schärfere Asylpolitik "Wir müssen viel mehr abschieben"

Berlin/Essen · Die CDU positioniert sich zu ihrem Bundesparteitag, der heute in Essen beginnt, als Anwalt der inneren Sicherheit. Bundesinnenminister Thomas de Maizière kündigte an, die Asylpolitik zu verschärfen. Er rechnet für 2016 mit rund 100.000 Abschiebungen.

 Man müsse 2017 deutlich mehr abschieben als im laufenden Jahr, sagte de Maizière.

Man müsse 2017 deutlich mehr abschieben als im laufenden Jahr, sagte de Maizière.

Foto: rtr, WR/ /mel

Auch den Abschiebegewahrsam will de Maizière verändern. "Die vier Tage Gewahrsam, die jetzt möglich sind, sind zu wenig. Wir brauchen mehr", sagte er weiter: "Dann können wir effizienter gegen die vorgehen, die sich einer drohenden Abschiebung entziehen." Die verschärfte Abschiebepraxis ist auch Gegenstand des Leitantrags, den der Parteivorstand gestern überarbeitete. Er fügte Vorstöße von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl und von Mittelstandschef Carsten Linnemann ein und verhinderte so eine Debatte über kontroverse Anträge.

Der Parteitag soll nun auf Empfehlung des Vorstands die Möglichkeit von Fluchtalternativen und Auffangmöglichkeiten "vor Ort" diskutieren. In regionale Aufnahmezentren, etwa in Nordafrika, sollen Menschen zurückgebracht werden, die vor dem Ertrinken gerettet worden sind. "Wir sind nicht verpflichtet, alle Flüchtlinge nach Europa oder sogar nach Deutschland zu bringen", sagte Strobl.

Wer in sein Heimatland zurückkehrt, um dort Urlaub zu machen, soll seinen Asylstatus verlieren. Generalsekretär Peter Tauber erklärte, dass schwerkranke Menschen weiterhin nicht abgeschoben würden. Man müsse aber im Einzelfall hinschauen, wenn Zweifel bestünden und mit ärztlichen Attesten "nicht so sorgfältig" umgegangen werde. Im Wahlkampf will die CDU auch mit einer Absage an höhere Steuern punkten. Mit der Union werde es keine Steuererhöhungen geben, erklärte Tauber am Abend.

De Maizière lehnte zudem die Fortsetzung einer großen Koalition nach der Bundestagswahl ab. "Eine große Koalition muss der Ausnahmefall bleiben", sagte er. Es sei nicht gut, wenn es keine großen Debatten zwischen den politischen Lagern im Parlament mehr gebe. Zugleich sagte der Minister, dass die jetzige große Koalition besser funktioniert habe als das vorangegangene schwarz-gelbe Bündnis.

Auch Grünen-Chef Cem Özdemir warnte die CDU angesichts des stärker werdenden Rechtspopulismus davor, 2017 erneut eine große Koalition anzustreben. "Die CSU streitet mit der CDU, und beide streiten mit der SPD. So kann unser Land nicht in die Zukunft geführt werden, und so werden wir die Rechtspopulisten nicht schwächen", sagte Özdemir unserer Redaktion. Gegenüber einer großen Koalition habe ein schwarz-grünes Bündnis auch viele inhaltliche Vorteile: "Grün tut jeder Regierung gut. Durch eine Politik, die sich auf den Kampf gegen Klimawandel einstellt, die Digitalisierung aktiv gestaltet, den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt und für anständige Umgangsformen innerhalb der Regierung sorgt."

Aus Sicht der Liberalen ist die CDU den Grünen schon zu weit entgegengekommen. Parteichef Christian Linder sagte unserer Redaktion: "Die CDU ist unter Merkel angegrünt. Die Union hat Realismus und die Bewahrung von Wohlstand und Ordnung durch moralisierend-grünliche Politik ersetzt." Flüchtlings- und Klimapolitik der CDU zum Beispiel seien derzeit "genauso ideologisch wie bei den Grünen".

Selbst wenn die Mehrheitsverhältnisse es ermöglichen, ist eine schwarz-gelbe Koalition deshalb für Lindner "kein Automatismus". Er formulierte als Bedingung für die Neuauflage eines solchen Bündnisses, "dass die Euro-Politik sich ändert. Die FDP wird keine Verletzung der europäischen Verträge mehr mittragen." Harte Kritik äußerte Lindner an Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie die europäischen Verträge achtet und auf die Europäische Zentralbank einwirkt, Nullzins und Ankauf von Staatsanleihen zu beenden." Stattdessen habe Deutschland dafür gesorgt, dass Portugal und Spanien keine Strafen zahlen müssten, obwohl sie zu viel Schulden machten. Lindners Vorwurf: "Die Union gehört damit zu den Weichmachern des Euro."

(kes/mar/may-/tor)
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