Polizei-Ausbildung in Afghanistan Bundeswehrverband wirft Regierung Versagen vor

Berlin (RPO). Der Bundeswehrverband hat der Bundesregierung beim Aufbau der Polizei in Afghanistan "schmähliches" Versagen vorgeworfen. "Im Durchschnitt waren nur 40 deutsche Polizeibeamte im Einsatz, ein unverschämt kleiner Beitrag im Vergleich zu den über 3.000 deutschen Soldaten, die in Afghanistan Dienst leisten", kritisierte der Vorsitzende Bernhard Gertz in einem Zeitungsinterview.

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Foto: AP

Zudem sei die Konzentration der Ausbildung von Führungskräften in einer Polizeiakademie in Kabul der "völlig falsche Ansatz" gewesen, sagte Gertz in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe).

Zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan erklärte Gertz, er fürchte, dass man dabei "in Jahrzehnten" denken müsse. Vom Ziel, eine sogenannte selbst tragende Sicherheitsstruktur in Afghanistan zu schaffen, sei die internationale Staatengemeinschaft noch Lichtjahre entfernt. Solange die Afghanen nicht über eine auch in der Fläche leistungsfähige und möglichst nicht korrupte Polizei verfügten, gebe es auch keinen Anknüpfungspunkt für den Abzug internationaler Truppen.

Mit Blick auf den Sonderparteitag der Grünen am (heutigen) Samstag, auf dem der weitere Verlauf des Afghanistan-Einsatzes Thema ist, meinte der Chef des Bundeswehrverbands: "Da es auf die Grünen-Fraktion bei der parlamentarischen Entscheidung nicht ankommt, mache ich mir keine großen Sorgen."

Oberstleutnant Ulrich Kirsch vom Vorstand des Bundeswehrverbands sagte der "B.Z." zur aktuellen Lage, die Hauptstadt Kabul werde eher noch unsicherer; in den Randgebieten regierten bereits die Taliban. "Mit Mord terrorisieren sie die Bevölkerung der Vororte. Da wird jemand willkürlich erschossen mit dem Hinweis: Wenn du nicht tust, was wir verlangen, ergeht es dir morgen genauso. Dagegen ist die Regierung machtlos."

Im Kampf gegen den Mohnanbau schlug der Bundeswehrverband vor: "Der Westen sollte für eine Übergangszeit den Mohn offiziell für die Pharmaindustrie aufkaufen und den Bauern schrittweise beim Anbau alternativer Produkte helfen."

(ap)
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