CDU-Rebell verteidigt seine Haltung Bosbach: "Man musste Flagge zeigen"

Düsseldorf (RPO). Wolfgang Bosbach hat sich sein Nein zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms nicht leicht gemacht. Das hat er immer wieder betont. Für viele Bürger wurde er so zu einer Art Helden. Nach der Pöbel-Attacke von Kanzleramtschef Ronald Pofalla sicherlich noch mehr. Dessen Worte, so erklärte Bosbach in einem Interview, hätten ihn "verdattert". Und er verteidigt sich erneut und erklärt, wie die Krebs-Diagnose seine Arbeit als Politiker verändert hat.

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Foto: AP

Die letzten Wochen, so sagte Bosbach jetzt gegenüber dem "Stern", seien für ihn die schwersten Monate in 40 Jahren Politik gewesen. "Man denkt: Eigentlich hast du alle Höhen und Tiefen mitgemacht. Aber jetzt habe ich Dinge erlebt, die ich nie erleben wollte." Es ist der Preis, den der Rheinländer dafür zahlen musste, dass er gegen die Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes gestimmt hat.

Schon im Vorfeld hatte er sich massiv Kritik gefallen lassen müssen und sich in zahlreichen Interviews verteidigt. Er hatte aber auch erklärt, dass er tausende Zuschriften von Wählern bekommen habe, die seiner Haltung zustimmten. Bosbach hat den Kern derjenigen getroffen, denen das politische Berlin immer entfernter erscheint. Keiner dort oder auch in Brüssel hat die Patentlösung in Sachen Euro- und Griechenland-Rettung in der Hand. Das Handeln der Politiker wirkt zeitweilig wie ein Hin und Her.

Bosbach spricht von gewaltigen Risiken

Und so hatten Umfragen immer wieder gezeigt, dass die Bürger ebenfalls so gestimmt hätten, wie es Bosbach letzlich getan hat - und vielleicht auch wieder tun wird. Denn im Deutschlandfunk erklärte er jüngst, dass er auch bei der Abstimmung über die neue Griechenland-Hilfe auf seine Gewissensfreiheit bestehen werde. Die NRW-Mittelstandsvereinigung jedenfalls will ihn für seine Haltung sogar auszeichnen - mit der "silbernen Ehrennadel". Denn mit seiner Entscheidung habe er "politische Standhaftigkeit und argumentative Stärke bewiesen".

Bosbach selbst erklärte im Interview mit dem "Stern", dass es ihn schwer getroffen habe, als Anti-Europäer bezeichnet worden zu sein. Er stelle weder die EU noch den Euro infrage. Aber was den Rettungsschirm angeht sagt er: "Ich bin überzeugt, wir kaufen uns nur Zeit." Die Erweiterung des Schirmes sei zwar keine Frage von Leben oder Tod, aber doch von existenzieller Bedeutung, "weil wir gewaltige Risiken auf unsere Kinder verlagern" und weil die Realisierung dieser Risiken etwa in Athen getroffen werde. Genau das könne er nicht verantworten.

Es sind diese klaren Argumente, die Bosbach hervorbringt, die ihm bei den Wählern einiges an Sympathie eingebracht haben in den vergangenen Wochen. Immer wieder hatte er betont, dass er seiner Überzeugung treu bleibe, erklärte im ZDF, er habe seine Entscheidung nicht "im Halbschlaf getroffen". Und auch im "Stern" betonte er erneut, dass er bei seiner Haltung bleibe, wenn sich nichts Wesentliches ändere.

Er war "hin- und hergerissen"

Aber Bosbach gibt im "Stern" auch zu, dass er sich viel Ärger erspart hätte, wenn er sein Stimmverhalten nicht öffentlich gemacht hätte. "Aber bei einer so epochalen Entscheidung musste man Flagge zeigen", so der CDU-Abgeordnete. Getroffen habe ihn auch der Vorwurf, dass er nur jetzt mit Nein gestimmt hätte, weil ihn die Kanzlerin 2005 nicht zum Innenminister gemacht habe. Das nannte er "üble Nachrede".

Vielmehr sei er "hin- und hergerissen", schließlich habe ihn Merkel etwa in der Zeit unterstützt, als er sich wegen seiner Krebs-Diagnose operieren lassen musste, und an seinem Krankenbett gestanden. Und schließlich sei die CDU seine politische Heimat, seine zweite Familie. Er betont auch, dass er zu Merkel weiterhin ein entspanntes Verhältnis habe. Und mit Pofalla habe er sich ja telefonisch ausgesprochen. "Ich will nicht der Problembär, kein Störfall der Fraktion sein. Nur ein guter Kollege."

Bosbach erklärt in dem Interview auch, dass die Diagnose Krebs seinen Blick auf seine politische Arbeit verändert habe. Bis dahin sei Politik neben Familie sein Leben gewesen. Jetzt nehme er die Haltung ein, dass er andere Probleme habe. Und er fügt hinzu: "Wenn du mit einer Krankheit fertig wirst, stehst du auch die Probleme in der Politik durch."

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