Koalitionsverhandlungen Wowereit lässt Rot-Grün in Berlin platzen

Berlin (RPO). Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen in Berlin sind gescheitert. Beim Thema Ausbau der Stadtautobahn A 100 seien die Positionen beider Parteien offenbar nicht in Einklang zu bringen, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Mittwoch in Berlin.

 Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der Berliner Landes- und Fraktionsvorsitzende der SPD, Michael Müller, bei den Gesprächen in Berlin.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der Berliner Landes- und Fraktionsvorsitzende der SPD, Michael Müller, bei den Gesprächen in Berlin.

Foto: dpa-Zentralbild, dpa

Grünen-Spitzenpolitiker bedauerten das Aus und warfen der SPD vor, weniger kompromissbereit als die Grünen gewesen zu sein. Beide Parteien hatten sich an diesem Tag erstmals zu Verhandlungen zur Bildung einer Koalition getroffen. Die SPD befürwortet grundsätzlich den Ausbau der A 100, die Grünen sind dagegen.

Bei der A 100 gab es keine tragfähige Grundlage für die Fortführung der Koalitionsverhandlungen, wie SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller berichtete. Grünen-Landesvorsitzende Bettina Jarasch sagte, der Konflikt kreise nicht nur um die A 100, sondern um eine sinnvolle Infrastrukturpolitik überhaupt. Grünen-Fraktionsvorsitzenden Volker Ratzmann verwies darauf, dass seine Partei der SPD sehr weit entgegengekommen sei. Er frage sich jetzt nach dem Abbruch der Verhandlungen, ob die SPD tatsächlich mit den Grünen koalieren wollte.

Im Abgeordnetenhaus gibt es auch eine Mehrheit für eine rot-schwarze Koalition. Erste Sondierungen zwischen SPD und CDU hatte es bereits wenige Tage nach der Wahl vor rund zwei Wochen gegeben. Die CDU steht dem umstrittenen Autobahnprojekt aufgeschlossen gegenüber - so wie die SPD.

Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen fordert die Industrie- und Handelskammer (IHK) von der Politik klare und belastbare Lösungen. "Wir erwarten, dass trotz allem eine stabile Landesregierung gebildet wird, die die Probleme der Hauptstadt zügig angeht", sagte der Sprecher der Berliner IHK, Bernhard Schodrowski, der Nachrichtenagentur dapd. Zu diesen Problemen gehöre "auch, aber nicht nur die A 100", fügte er hinzu. SPD und Grünen hatten den Weg für die Verhandlungen erst am Dienstag bei einer dritten Sondierungsrunde freigemacht.

Özdemir macht Wowereit verantwortlich

Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir hat Klaus Wowereit (SPD) wegen des Scheiterns der rot-grünen Koalitionsverhandlungen kritisiert. "Die drei Kilometer sind ein Symbol dafür, dass die SPD alles wollte. Sie hat die Grünen mit ihrem bisherigen Koalitionspartner, der Linkspartei verwechselt, wo sie alles bekommen hat", sagte Özdemir dem "Tagesspiegel" mit Blick auf den Konflikt über den Weiterbau der Autobahn 100.

Der Grünen-Vorsitzende zog zudem in Zweifel, dass die Hauptstadt-SPD ihrer Bundespartei mit der Entscheidung einen Gefallen getan habe. Aus Rot-Schwarz in Berlin könne im Bund leicht Schwarz-Rot werden. Wowereits Schritt werde in der SPD noch turbulente Diskussionen auslösen, sagte Özdemir voraus.

Thierse bedauert Scheitern der Verhandlungen

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat das Scheitern der rot-grünen Koalitionsgespräche in Berlin bedauert. Er sei "überrascht und ein bisschen auch enttäuscht", sagte Thierse dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe). Er erklärte sich das Scheitern mit der knappen Mehrheit, die ein solches Bündnis in der Hauptstadt gehabt hätte. Eine rot-grüne Koalition hätte in Berlin eine Stimme über der absoluten Mehrheit gehabt.

Der SPD-Politiker und Berliner Bundestagsabgeordnete warnte zugleich davor, das Scheitern von Rot-Grün überzubewerten. "So wenig Rot-Grün der Himmel für Berlin gewesen wäre, so wenig ist Rot-Schwarz die Hölle."

(AP/csi)
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