Wahlen in Hamburg Böses Erwachen für die Grünen

Berlin (RPO). Die Grünen sind sprachlos. Ihnen dämmert nach den ersten Prognosen aus Hamburg, dass sie der große Verlierer der Bürgerschaftswahl sind. Als um 18 Uhr die ersten Zahlen über den Bildschirm flimmern, herrscht in der Berliner Parteizentrale der Grünen Stille.

 Schwaben bauen kein "Stuttgart 21": Grünen-Parteichef Cem Özdemir.

Schwaben bauen kein "Stuttgart 21": Grünen-Parteichef Cem Özdemir.

Foto: dapd, dapd

Ein kurzes Raunen bei den desaströsen Werten der CDU, dann geräuschloses Staunen über das sensationelle SPD-Resultat - und schließlich verhaltenes Schweigen, als das eigene Ergebnis auftaucht. Leicht verbessert haben sich die Grünen in Hamburg, aber eine absolute Mehrheit für die SPD konnten sie nicht verhindern, wie es aussieht.

Der Abend in der Bundesgeschäftsstelle der Grünen verheißt nichts Gutes. Zum Auftakt der "Wahlparty" tummeln sich fast nur Journalisten in der Parteizentrale - und eine Handvoll Grünen-Anhänger. Jubelstürme sind an diesem Abend nicht zu erwarten.

Bei der jüngsten Hamburg-Wahl 2008 hatten die Grünen 9,6 Prozent der Stimmen erreicht. Die ersten Prognosen und Hochrechnungen stellen ihnen um die elf Prozent in Aussicht. Ein zweistelliges Resultat ja, aber nur knapp. Die Umfragen hatten die Grünen auf mehr hoffen lassen. Und das Schlimmste: Die Grünen könnten am Ende mit leeren Händen dastehen. Für die SPD zeichnet sich früh am Abend eine absolute Mehrheit ab. Wahrscheinlich brauchen sie die Grünen nicht zum Glück.

"Knapp daneben"

"Schade, knapp daneben", sagt eine der wenigen Grünen-Anhängerinnen im Raum. Auch die anderen seufzen enttäuscht. So hatten sich die Grünen den Start ins Wahljahr nicht vorgestellt. In den vergangenen Monaten wurden sie in den Umfragen hoch gehandelt und machten die politische Konkurrenz nervös. Für sie ist das Wahljahr die echte Bewährungsprobe. Eine Schlappe zum Auftakt kommt da nicht gut.

Grünen-Chefin Claudia Roth müht sich denn auch schleunigst um positive Deutungen. Um viertel nach sechs steigt sie aufs Podium und spricht von einem "ordentlichen Ergebnis" für ihre Partei. Im Vergleich zur Wahl 2008 hätten die Grünen "ganz schön zugelegt". Die absolute Mehrheit für die SPD sei noch längst nicht ausgemacht - und die Verhältnisse in Hamburg seien ohnehin speziell.

Für die übrigen Landtagswahlen bedeute das Resultat im Norden gar nichts, beschwört Roth. Nun gingen die Grünen "volle Kanne" ins weitere Wahljahr. Ziel sei es, bis zum Jahresende in allen Landtagen zu sitzen. Von den hoch gesteckten Plänen der Grünen, in Baden-Württemberg und Berlin bald den Regierungschef zu stellen, spricht sie an diesem Abend nicht.

"Gemischte Gefühle"

Später taucht auf dem Bildschirm eine bedröppelte Anja Hajduk auf. Die Grünen-Spitzenkandidatin in Hamburg räumt ein, sie habe sich "mehr gewünscht" und stehe mit "gemischten Gefühlen" da.

Hajduk war mit ihren Hamburger Grünen Ende November aus dem Bündnis mit der CDU ausgestiegen. Damals standen die Chancen gut, mit der SPD wieder auf die Regierungsbank zu rutschen. Daraus dürfte nun wohl nichts werden. Im Laufe des Abends verstärken sich die Aussichten auf eine absolute Mehrheit für die SPD.

Später schaut der Berliner Ur-Grüne Christian Ströbele in der Parteizentrale vorbei und beginnt mit der Ursachenanalyse. Das Zusammengehen mit der CDU in Hamburg habe den Grünen nicht gut getan, meint der Parteilinke. Die Anhänger wollten das einfach nicht, "das sollten wir uns alle merken". In den anstehenden Wahlkämpfen müsse die Partei nun "ganz klare Positionen beziehen".

Auch Roth kommt nach den Hochrechnungen noch einmal in den "Wahlparty"-Raum. Inzwischen ist kaum noch einer da. Die Grünen-Chefin ist weniger begeistert als zwei Stunden zuvor. Das Ergebnis sei eben "ordentlich", sagt sie, "da muss ich jetzt gar nicht euphorisch sein". Von ihrem zweiten Wahlziel - der SPD die absolute Mehrheit zu verhageln - hat sich auch Roth mittlerweile weitgehend verabschiedet. Schade sei das, wiederholt sie immer wieder. "Natürlich gab es höhere Erwartungen in Hamburg." In den anstehenden Wahlkämpfen müssten die Grünen nun ackern, um die Ziele für das Jahr zu erreichen. "Das fällt nicht vom Himmel", sagt Roth, "wir müssen jetzt wirklich richtig kämpfen."

(apd/pst)
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