Gespräche in Berlin Grüne verlassen Spitzenrunde zu Hartz-IV

Berlin (RPO). Eine Auswahl an Spitzenpolitikern beriet auch noch am späten Sonntagbend über einen Kompromiss im Streit bei der Hartz-IV-Reform. Drei Ministerpäsidenten hatten für die Länder am Dienstag eine Erhöhung des Mindestsatzes um acht statt nur fünf Euro ins Spiel gebracht. Für einen Eklat sorgten am späten Abend die Grünen.

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Foto: dapd

Als mögliche Kompromisslinie wurde im Vorfeld über eine stufenweise Erhöhung diskutiert. Auf Einladung von Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) beriet die Spitzenrunde in der Landesvertretung Sachsen-Anhalt über den Länder-Vorschlag, den Hartz-IV-Regelsatz um acht statt nur um fünf Euro zu erhöhen.

Die Grünen stiegen am Abend überraschend aus den Verhandlungen aus. "Unsere Versuche, zu einer verfassungskonformen Regelung zu kommen, sind gescheitert", sagte Fraktionschefin Renate Künast am Sonntagabend in Berlin zu den Beratungen über die geplante Anhebung der Regelsätze. Bislang hatten sich die Grünen in den Verhandlungen eng mit der SPD abgestimmt. Für eine Mehrheit in Bundestag und Bundesrat ist die Zustimmung der Grünen nicht unbedingt erforderlich.

Wie die ARD am Abend berichteten, geht es in den Gesprächen offenbar nur noch um Kleinigkleiten. Gegen 23 Uhr sei noch eine Vereinbarung zum Mindestlohn gesucht.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte kurz vor Beginn der Gespräche, sie erwarte schwierige Verhandlungen. Sie hoffe, dass die Opposition "auf dem Teppich" bleibe. Es gehe nicht um ein "Wunschkonzert".

Neben Böhmer und den Länderchefs Horst Seehofer (CSU, Bayern) und Kurt Beck (SPD, Rheinland-Pfalz) nahmen an der Spitzenrunde die Fraktionsvorsitzenden von Union, FDP, SPD und Grünen teil, außerdem von der Leyen und SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig sowie Parteichef Sigmar Gabriel (SPD).

Die drei Ministerpräsidenten hatten als Kompromiss eine Erhöhung des Regelsatzes um acht Euro vorgeschlagen, zudem sollen 3000 neue Schulsozialarbeiterstellen geschaffen werden. Die Länderchefs berufen sich darauf, dass bei ihrem Vorschlag im Gegensatz zu den Berechnungen von der Leyens nicht nur die Lohn- und Preisentwicklung 2009, sondern auch die des ersten Halbjahrs 2010 berücksichtigt wurde.

Laut "Leipziger Volkszeitung" vom Samstag rechnet die Bundesregierung intern bei der Ermittlung des neuen Regelsatzes mit höheren Kaufkraftverlusten für Hartz-IV-Bezieher, als sie es offiziell einräumt. Die Zeitung berief sich auf interne Arbeitspapiere des Bundesarbeitsministeriums. Unter Einbeziehung der aktuell verfügbaren Veränderungsraten beim Lohn- und Preisindex stelle das Ministerium intern in einem Verhandlungspapier für die CDU/CSU-Seite fest, dass der Betrag in der Regelbedarfsstufe 1 von derzeit 359 auf 370 Euro steigen müsste. Würde nur der Preisanstieg aktuell eingerechnet, seien 367 Euro ausreichend. Genau diese Summe hatten die drei Länderchefs vorgeschlagen.

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte mit Blick auf den Vorschlag der Ministerpräsidenten, die Länderchefs könnten nicht über das Geld des Bundes verfügen. Er kenne auch "bisher keine neuen Gründe", die es rechtfertigen würden, von der Regelsatz-Berechnung der Regierung abzuweichen. Der Entwurf von der Leyens sieht bislang eine Erhöhung für alleinstehende Erwachsene von 359 auf 364 Euro vor. Dagegen zeigte sich Westerwelle beim Bildungspaket für bedürftige Kinder verhandlungsbereit.

(AFP/pst)
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