Der Fiskalstreit eskaliert Wer rettet die USA vor dem Kollaps?

Washington · Die USA stehen vor dem ersten Stillstand der öffentlichen Finanzen seit Mitte der 1990er Jahre. Sollten sich die Republikaner und Demokraten von Präsident Barack Obama im Kongress am Montag bis Mitternacht (Ortszeit, Dienstag 6 Uhr MESZ) nicht doch noch auf ein Übergangsbudget einigen, werden zum neuen Fiskaljahr am Dienstag alle nicht notwendigen Teile der Bundesverwaltung lahmgelegt. Hunderttausenden Staatsbediensteten droht unbezahlter Zwangsurlaub.

Welche Folgen hat der Sturz über die Fiskalklippe
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Foto: AFP, AFP

Der "government shutdown" (Stilllegung der Verwaltung) dominierte am Montag die Titelseiten der US-Zeitungen. "Dienstschluss?", fragte die "USA Today" in großen Buchstaben. Das "Wall Street Journal" titelte: "Die Regierung nimmt Kurs auf den Stillstand". Und die "New York Times" schrieb, dass ohne eine "vollständige Kapitulation" der Republikaner die Verwaltung der weltgrößten Volkswirtschaft erstmals seit fast zwei Jahrzehnten paralysiert würde.

Die Republikaner, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben, nutzen die Haushaltspolitik regelmäßig für ein Kräftemessen. Aktuell knüpfen sie ihre Zustimmung zu einem Budget an Änderungen bei Obamas Gesundheitsreform, von der am Dienstag wichtige Teile in Kraft treten. Ein erster Haushaltsentwurf des Repräsentantenhauses, der die Mittel für die Umsetzung der Reform strich, war vergangene Woche im von Obamas Demokraten kontrollierten Senat gescheitert.

Am Wochenende verabschiedete das Repräsentantenhaus einen neuen Entwurf, der die weitere Finanzierung der laufenden Staatsgeschäfte an eine Verschiebung der Gesundheitsreform um ein Jahr knüpfte. Auch dieser Vorschlag dürfte vom Senat, der am Montag zu einer Abstimmung zusammenkommen sollte, abgeschmettert werden. Das Weiße Haus hatte außerdem deutlich gemacht, dass Obama sein Veto gegen ein Übergangsbudget mit Einschränkungen für seine Gesundheitsreform einlegen würde.

"Lassen uns nicht von Tea-Party-Anarchisten erpressen"

Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Harry Reid, erklärte, dass seine Kongresskammer dem Haushaltsgesetz in seiner gegenwärtigen Form nie zustimmen würde. "Die Amerikaner werden nicht von den Tea-Party-Anarchisten erpresst werden", sagte er. Auf Druck des erzkonservativen Tea-Party-Flügels versuchen die Republikaner, die Gesundheitsreform seit ihrer Verabschiedung vor drei Jahren rückgängig zu machen. Kernstück der auch Obamacare genannten Reform ist die Pflicht aller Bürger, eine Krankenversicherung abzuschließen. Konservative Kritiker sehen die Reform dagegen als Beschneidung von Freiheitsrechten durch den Staat und als Belastung für die Wirtschaft.

Eine am Montag veröffentlichte Umfrage des TV-Senders CNN sah die öffentliche Meinung im Haushaltsstreit auf der Seite von Obama. Für einen finanziellen Stillstand würden demnach 36 Prozent den Präsidenten verantwortlich machen, 46 Prozent sähen die Schuld dagegen bei den Republikanern. Mit dem Finger auf beide würden 13 Prozent der Befragten zeigen.

Allerdings gab es in Washington noch Hoffnungen, dass sich beide Lager im letzten Moment auf eine Brückenfinanzierung einigen könnte, die dem Kongress etwas mehr Zeit für einen Kompromiss gäbe. Im April 2011 hatten Republikaner und Demokraten nach einem nächtlichen Verhandlungsmarathon auf diese Weise einen Haushaltsnotstand abgewendet.

Ohne eine Verständigung müssten Bundesbehörden alle nicht unbedingt notwendigen Geschäfte einstellen. Etwa 800.000 Staatsbediensteten könnten in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt werden. Museen und Nationalparks würden geschlossen. Zuletzt machte die Bundesverwaltung vom 16. Dezember 1995 bis zum 6. Januar 1996 dicht, als sich der damalige demokratische Präsident Bill Clinton ebenfalls erbitterte Budgetschlachten mit einer republikanischen Parlamentsmehrheit lieferte.

(AFP)
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