Regierungskrise in Italien Enrico Letta stellt Mittwoch die Vertrauensfrage

Rom · Nach dem Abzug der fünf Minister von Silvio Berlusconis Partei Volk der Freiheit aus der italienischen Regierungskoalition hat Ministerpräsident Enrico Letta für Mittwoch eine Vertrauensabstimmung im Parlament angekündigt.

Er werde in Senat und Abgeordnetenkammer die Vertrauensfrage stellen, sagte der Sozialdemokrat Enrico Letta am Sonntagabend im Fernsehen nach einem Krisengespräch mit Präsident Giorgio Napolitano in Rom. Er habe nicht die Absicht, "um jeden Preis zu regieren".

Berlusconis Minister hatten am Samstag ihren Rücktritt erklärt. Sie folgten einer Aufforderung des ehemaligen Ministerpräsidenten, der sich nach seiner rechtskräftigen Verurteilung gegen seinen Senatsausschluss stemmt.

Am Sonntag begann die Suche nach einer Lösung, dabei kommt dem 88-jährigen Napolitano erneut die Rolle des Vermittlers zu. Er will das Parlament nur als letzten Schritt auflösen. In ihrem Krisengespräch über die "sehr komplizierte Lage" seien Napolitano und er übereingekommen, das Parlament so rasch wie möglich in den Prozess miteinzubeziehen, sagte Letta.

Gleichzeitig warnte Letta, er wolle "nicht das Vertrauen für drei Tage", um dann wieder wie vorher von vorne beginnen zu müssen. Vielmehr wolle er bei der Lösung der Wirtschafts- und Finanzkrise vorankommen. Deshalb werde er die Vertrauensfrage auch mit klaren Zielen verknüpfen, sagte Letta weiter. Sollte er verlieren, werde er die Konsequenz ziehen.

Berlusconis Minister machen Druck

Hintergrund des Konflikts ist der Streit um die politische Zukunft Berlusconis. Dem Politiker und Medienunternehmer droht wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs der Ausschluss aus dem Senat. Der Immunitätsausschuss des Senats muss am kommenden Freitag in zweiter Abstimmung entscheiden, ob der langjährige Regierungschef seinen Sitz in der zweiten Parlamentskammer behalten kann. In einer ersten Abstimmung hatte der Ausschuss dies mehrheitlich abgelehnt.

Mit immer neuen Rücktrittsandrohungen machten Berlusconis Minister schon seit Tagen Druck auf Letta und seine Demokratische Partei, Berlusconis Senats-Ausschluss zu verhindern. Der Ministerpräsident warf der PdL vor, die Prinzipien der Demokratie auszuhöhlen: "Eine Minderheit kann nicht einfach durch ihren eigenen Rücktritt die Auflösung des Parlaments" erzwingen, sagte Letta.

Wie Staatschef Napolitano schließt Letta sofortige Neuwahlen aus. Vorher müsse das jetzige Wahlrecht reformiert werden, um eine Fortsetzung der derzeitigen politischen Patt-Situation zu verhindern. Dagegen fordert Berlusconi vorgezogene Neuwahlen. Die Umfragen zeigten, "dass wir sie gewinnen werden", sagte der "Cavaliere", der am Sonntag seinen 77. Geburtstag feierte.

(afp)
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