"Goldene Morgenröte" in Griechenland "Die Demokratie fegt die Nazis weg"

Düsseldorf · Mit aller Härte sind die griechischen Behörden am Wochenende gegen die Neonazi-Szene vorgegangen. Führende Politiker der "Goldenen Morgenröte" wurden festgenommen. Das Krisenland steht vor einer neuen Kraftprobe. Es drohen sogar Neuwahlen.

Griechenland: Polizei nimmt Neonazis fest
9 Bilder

Griechenland: Polizei nimmt Neonazis fest

9 Bilder

Auf einmal ging alles ganz schnell: Gegen sechs Uhr klingelte es am Samstagmorgen an der Tür von Nikolaos Michaloliakos im Vorort Athens Péfki. Der Chef der rechtsradikalen Chrysi Avgi ("Goldene Morgenröte") wurde von maskierten Beamten festgenommen. Ebenso fünf weitere Abgeordnete und 15 Parteifunktionäre.

Leere Staatskassen, Rekord-Arbeitslosigkeit, Dauer-Streiks und Massenproteste: Auf das seit Jahren wirtschaftlich gebeutelte Krisenland kommt nun auch noch eine politische Kraftprobe zu. Die Festnahme der Neo-Nazis war der größte Schlag gegen Rechtsextremisten in Griechenland seit dem Sturz der Militärdiktatur im Jahr 1974.

Angst und Schrecken

Die Politik wollte nicht mehr tatenlos zusehen, wie Mitglieder der Goldenen Morgenröte Angst und Schrecken verbreiten. Vier Tote und 400 Verletzte zählten die Behörden in den vergangenen zwei Jahren. Und so schlug die Justiz am Wochenende mit aller Macht zu. "Die Demokratie fegt die Nazis weg", lautete der Tenor in der Athener Sonntagszeitung "To Vima".

Hintergrund der Polizeiaktion gegen die Partei ist der tödliche Messerangriff auf den linken Rapper Pavlos Fyssas - bekannt unter dem Künstlernamen Killah P. - am 18. September. Der mutmaßliche Täter hatte seine Verbindungen zur Goldenen Morgenröte betont, die allerdings eine Verwicklung in das Verbrechen abstritt. Schon seit längerem wird die Partei verdächtigt, in Verbindung mit Gewalttaten zu stehen, vor allem gegen Einwanderer.

Geldhahn zudrehen

Nach der Festnahme gab die griechische Regierung bekannt, sie wolle der Gruppierung den Geldhahn zudrehen. Geplant ist dazu ein Gesetz zur Parteienfinanzierung, das "so bald wie möglich" vom Parlament gebilligt werden soll.

Demnach sollen staatliche Zuwendungen künftig wegfallen, wenn die Justiz wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung Anklage erhebt und mindestens zehn Prozent der Abgeordneten oder hohen Funktionäre einer Partei betroffen sind. Zurückgenommen soll die Maßnahme nur dann, wenn Gerichte die Angeklagten in letzter Instanz freisprechen.

1993 nur 0,3 Prozent

Die Goldene Morgenröte stellt 18 der 300 Parlamentsabgeordneten und rangierte vor dem Anschlag mit 14 Prozent an dritter Stelle in der Gunst der griechischen Wähler. Im Jahr 1993 lag der Stimmenanteil der Goldenen Morgenröte bei nur 0,3 Prozent.

Die Rechtsradikalen haben bereits angekündigt, gegen die Maßnahmen vorzugehen. Zudem steckt Regierungschef Samaras in einem Dilemma. Die Morgenröte hat im Parlament 18 Sitze. Sollten zahlreiche Abgeordnete angeklagt oder die Partei insgesamt verboten werden, könnte dies Neuwahlen in 15 Regionen notwendig machen und die Koalition von Samaras' konservativer Partei Nea Dimokratia mit der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) zum Kollaps bringen.

Nächtliche Fackelmärsche

Der Aufstieg der rassistischen und antisemitischen Goldenen Morgenröte ist eine Folge der jahrelangen Wirtschaftskrise in Griechenland, die durch den Sparkurs verschärft wurde.

Mit ihren nächtlichen Fackelmärschen, mit Suppenküchen nur für Bedürftige "mit griechischer Abstammung" und ihrer Ansage, Griechenland "von Ausländern zu säubern", verschaffte sich die Partei massiven Zulauf unter rechten Protestwählern. In jüngsten Umfragen der vergangenen Woche sackte sie allerdings auf sieben Prozent ab.

Gegen die Verhaftung ihrer Führungsriege hatten am Samstag hunderte Anhänger vor der Polizeiwache, in der Michaloliakos festgehalten wurde, protestiert. Sie schwenkten griechische Flaggen und riefen Parolen wie "Blut, Ehre, Goldene Morgenröte!"

(nbe)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort