Inside USA Wenn Google eine Stadt verliert

In Deutschland suchen Bürger und Politiker verzweifelt Wege, um auf den virtuellen Karten des Internetkonzerns Google unsichtbar zu werden. In den USA ist das nun einer Kleinstadt passiert. Ein kleiner Aufruhr war die Folge.

Das Google-Imperium
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Sunrise, Florida. 90000 Einwohner, ein Palmenparadies am Südzipfel der US-Halbinsel, selten kälter als 15 Grad, ein prominentes Eishockeyteam und Heimat des ersten Ikea in den USA. Google Maps, der virtuellen Landkarte des Internetkonzerns mit täglich Millionen Nutzern war die Stadt trotzdem keinen Eintrag wert. Mehr als einen Monat lang war Sunrise von der Google-Bildfläche verschwunden. Wer den Stadtnamen im Suchfeld eingab, wurde auf die Angebote der rund 300 Kilometer entfernten Westküstenstadt Sarasota. Ein Fehler im Such-Algorithmus des Internetunternehmens, der in dem friedlichen Städtchen einen kleinen Aufruhr auslöste.

Die Gewerbetreibenden der Stadt spürten die Konsequenzen rasch. Adressen und Rufnummern der Geschäfte, Restaurants, Krankenhäuser waren unauffindbar. Die Besitzerin eines Blumenladens entdeckte das Google-Loch, als ihre Internet-Umsätze von einem Tag auf den anderen ausblieben. Zusammen mit Restaurantbetreibern und dem Inhaber einer Autowerkstatt wandte sie sich an Bürgermeister Mike Ryan. Der schrieb prompt einen Brief (wohlgemerkt keine E-Mail) an Google-Chef Eric Schmidt. Sunrise sei bereits zum dritten Mal von Google ignoriert worden, beklagte sich der Stadtchef. Dazu legte er eine gedruckte Karte von Sunrise, sozusagen als Beweis dessen Existenz. Als Lokalzeitungen den Fall publik machten, reagierte der Google-Chef, entschuldigte sich "für den Ärger und die Schwierigkeiten, die dieser Fehler verursacht hat" und nahm Sunrise vor wenigen Tagen wieder ans Netz.

Warum die Stadt in der Vermessung ignoriert wurde? Google gibt bis heute keine Antwort. Der US-Blogger Mat McGee von Search Engine Land, der dem Konzern weitere weiße Flecken nachweisen konnte wie La Jolla in Kalifornien, Rogers in Minnesota und Woodstock in Virginia vermutet, dass ein Anbieterwechsel beim Kartenmaterial zu den Fehlern führte. Seit einigen Monaten nutzt Google statt TeleAtlas-Daten Satellitendaten anderer privater Anbieter und offizielle Quellen wie Berechnungen der US-Statistikbehörde. Umso erstaunlicher, dass die Kleinstadt in Florida zum wiederholten Male unsichtbar wurde.

Der Fall zeigt indes, welchen wirtschaftlichen Einfluss Google erreicht hat, sogar für die Existenz von ganzen Städten. Bürgermeister Bryan, inzwischen eine Berühmtheit in Florida, konnte sich kaum einkriegen. "Es war wie in einem bizarren Roman", schilderte er die schwarzen Tage neulich in einem CNN-Interview.

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