CIA unter Druck US-Wende im Terrorkampf

Washington (RP). Nach der Veröffentlichung eines internen CIA-Berichts zur Folter von Terrorverdächtigen hat US-Präsident Barack Obama die Bildung eines neuen Spezialteams für Terrorverhöre beschlossen –­ unter Leitung des FBI.

2008: Gefangenenlager Guantanamo
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Washington (RP). Nach der Veröffentlichung eines internen CIA-Berichts zur Folter von Terrorverdächtigen hat US-Präsident Barack Obama die Bildung eines neuen Spezialteams für Terrorverhöre beschlossen —­ unter Leitung des FBI.

Mit allen Mitteln sollte Abdul Rahim al-Naschiri zum Reden gebracht werden. Mal hielten ihm Geheimdienstagenten beim Verhör einen Revolver ans Genick, mal ließen sie eine Bohrmaschine surren, bedrohlich nah an seinem Körper. Der Gefangene, wollten sie ihm klarmachen, müsse mit allem rechnen. Um zu illustrieren, dass nichts nur leere Drohung war, sorgten die Schergen sogar dafür, dass in der Nachbarzelle Schüsse fielen.

Der bärtige Saudi zählte zu den vermeintlich größten Fischen, den die Terrorjäger an Land gezogen hatten. Die CIA hielt ihn für den Drahtzieher eines Sprengstoffanschlags auf das amerikanische Kriegsschiff "Cole", bei dem im Oktober 2000 im Hafen von Aden 17 Matrosen ums Leben gekommen waren.

Richter ordnet Veröffentlichung an

Der Fall al-Naschiri ist einer von vielen, die in einem internen Untersuchungsbericht der CIA aus dem Jahr 2004 aufgeführt sind, der am Montag veröffentlich wurde. Noch weiter furchterregende Details sind darin aufgeführt.

Dem mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, Khalid Sheik Mohammed, sei die Tötung seiner Kinder angekündigt worden, hieß es in dem am Montag veröffentlichten Dokument. Sollte es weitere Anschläge in den USA geben, "werden wir deine Kinder umbringen", sagte ein Vernehmungsbeamter einem Kollegen zufolge. Einem weiteren Verdächtigen wurde demnach mit sexuellen Übergriffen auf seine Mutter vor seinen eigenen Augen gedroht.

Ein Richter hatte die Veröffentlichung des Berichts auf eine Klage der Amerikanischen Bürgerrechtsvereinigung UCLA hin angeordnet. UCLA-Chef Anthony Romero sagte: "Die amerikanische Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, was in ihrem Namen an Folter geschah." Die Veröffentlichung wurde jedoch auf Bitten der Regierung zunächst verzögert.

Ein CIA-Sprecher wollte zum Inhalt des Berichts nicht Stellung nehmen. Unter der Regierung von Ex-Präsident Bush war Waterboarding eine von zehn erlaubten "harten Verhörmethoden". Einem Gefangenen mit dem Tod zu drohen, verstieß jedoch zu jedem Zeitpunkt gegen US-Recht.

Obama beschließt Bildung einer Elite-Verhör-Einheit

Das Bekanntwerden der Misshandlungsvorwürfe bei Verhören veranlasste US-Präsident Barack Obama gestern zum Handeln: Er beschloss die Bildung eines Spezialteams für die Vernehmung Terrorverdächtiger. Die neue Einheit soll direkt dem Weißen Haus unterstellt sein, wie ein Sprecher mitteilte. Dem Spezialteam sollen Experten aus Polizei und Geheimdienst angehören.

Es sei im Hauptquartier der Bundespolizei FBI angesiedelt und werde von einem FBI-Beamten geleitet, sagte der stellvertretende Sprecher des Weißen Hauses, Bill Burton. Die Bildung des neuen Teams bedeute aber nicht, dass der Geheimdienst CIA künftig nichts mehr mit Verhören zu tun habe, betonte Burton.

Verliert die CIA Kompetenzen?

Die CIA hatte insgesamt 94 mutmaßliche Terroristen festgehalten und verhört. 28 von ihnen wurden den sogenannten harten Verhörmethoden ausgesetzt, drei von ihnen mussten das sogenannte Waterboarding über sich ergehen lassen. Ethik-Experten legten Justizminister Eric Holder kürzlich die Empfehlung zur Überprüfung möglicher Misshandlungsfälle vor, wie ein Regierungsbeamter sagte, der anonym bleiben wollte.

Sollte Holder der Empfehlung folgen, könnte dies strafrechtliche Ermittlungen gegen CIA-Mitarbeiter und freiberufliche Berater wie die Rambos der Sicherheitsfirma Blackwater zur Folge haben, die an den Verhören während der Regierungszeit von Präsident Bush beteiligt waren.

Schon bald könnte Holder einen Sonderermittler ernennen, der den Vorwürfen auf den Grund gehen soll. All dies würde den Wünschen Obamas zuwiderlaufen, der dazu aufgerufen hat, in dieser Angelegenheit "nach vorne zu blicken und nicht zurückzuschauen". Die Vorwürfe waren bereits unter der früheren Regierung erhoben worden, aber damals zu den Akten gelegt worden.

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