Stefan Löfven übernimmt die Macht in Schweden Ein Schweißer wird Regierungschef

Stockholm · Der rundliche Mann mit der großen Nase sieht eher aus wie ein netter Nachbar. Jetzt wird Stefan Löfven voraussichtlich neuer Regierungschef in Schweden. Ausschlaggebend für seinen Erfolg war unter anderem die warmherzige Botschaft "Wir müssen zusammenhalten, dann kann es jeder schaffen." Seine Biographie verlieh der Aussage die nötige Überzeugungskraft.

Stefan Löfven - ein gelernter Schweißer als Wahlsieger in Schweden
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Stefan Löfven - ein gelernter Schweißer als Wahlsieger in Schweden

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Mit Löfven steht nun ein gelernter Schweißer vor der Aufgabe, Schweden in eine neue Ära zu führen. Der abgelöste Regierungschef Fredrik Reinfeldt wollte noch am Montag sein Rücktrittsgesuch einreichen.

Die Regierungsbildung gilt als äußerst kompliziert. Die von Löfven angeführte rot-rot-grüne Linkskoalition löste nach vorläufigen Ergebnissen zwar die Allianz des konservativen Regierungschefs Fredrik Reinfeldt deutlich ab. Sie verpasste aber wegen des starken Ergebnisses der rechtspopulistischen Schwedendemokraten eine absolute Mehrheit. Da niemand mit den Rechtspopulisten zusammenarbeiten will, muss Löven nun versuchen, eine Partei aus dem Reinfeldt-Block für die Zusammenarbeit zu gewinnen.

Die um das Doppelte auf 12,9 Prozent erstarkten Schwedendemokraten feiern sich bereits als "Königsmacher". Mit ihrem Wahlerfolg stehen sie zwar politisch allein da, können aber als drittstärkste Partei im Parlament Mehrheiten verhindern, wenn es nicht zu lagerübergreifenden Kompromissen kommt.

Das nötige Geschick für die anstehenden Gespräche bringt der Wahlsieger vermutlich mit. Zumindest im Wahlkampf hat er sich stets als kluger Verhandler präsentiert, der seine Hand immer wieder auch über die Blockgrenzen hinaus ausstreckte - und vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit im Land mit aller Macht bekämpfen will.

Seine Ausbildung als Schweißer hat der Sozialdemokrat in den vergangenen Wochen immer wieder bildlich für seinen Wahlkampf genutzt. "Als ich angetreten bin, habe ich gesagt, ich will diese Partei zusammenschweißen. Aber ich will auch Schweden zusammenschweißen" - so und ähnlich äußerte er sich häufig.

1957 in Stockholm geboren, kam Löfven als Pflegekind zu einer Arbeiterfamilie, nachdem sein Vater gestorben war. "Ich habe einen anderen Hintergrund, auf den ich stolz bin", sagte er der Zeitung "Svenska Dagbladet". Der prägte seine Laufbahn: Bevor er 2012 Vorsitzender seiner Partei wurde, war Löfven beim Schwedischen Metallarbeiterverbund beschäftigt. Nach dessen Zusammenschluss mit dem Verband Industriefach wurde er Chef der neuen mächtigen Gewerkschaft IF Metall.

Seine politische Karriere begann urplötzlich, als er 2012 Parteichef der Sozialdemokraten wurde. Nicht alle trauten ihm den Posten zu, hatte Löfven doch noch nicht einmal einen Sitz im Reichstag - und nie gehabt. Doch der 57-Jährige holte seine Partei aus einem historischen Tief und verschaffte sich Respekt. Trotzdem sagen ihm einige schwedischen Medien heute noch eine Zukunft als schwacher "Statsminister" voraus.

Seine Botschaft an die Schweden: Wenn wir alle zusammenhalten, kann es jeder schaffen. "Ich war zehn Monate alt, als meine Mutter gezwungen war, mich fortzugeben", sagt er. "Als ich zu meiner Pflegefamilie kam, hatte ich nichts." Doch im Leben habe er Menschen getroffen, die ihn unterstützten. "Dafür bin ich sehr dankbar", sagt er. "Als meine Mutter sich nicht mehr um mich kümmern konnte und den vielleicht schwersten Beschluss für eine Frau, ihr Kind wegzugeben, getroffen hatte, da funktionierte unsere Gesellschaft noch", so Löfven.

Zu den Menschen, denen er dankbar ist, zählt Löfven auch seine Frau Ulla. Wenn er über sie spricht, gerät der 57-Jährige ins Schwärmen: "Sie ist die Liebe meines Lebens", sagte Löfven der Boulevardzeitung "Expressen". Kinder hat das Paar nicht.

(dpa)
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