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Politiker reagiert auf Gaddafi-Attacke Schweiz soll Libyen den Krieg erklären

Bellinzona (RPO). Die rechte Schweizer Regionalpartei Lega dei Ticinesi hat die Regierung aufgefordert Libyen den Krieg zu erklären. Hintergrund ist die Forderung des libyschen Diktators Muammar Gaddafi, die Schweiz aufzulösen. Zudem werden zwei Schweizer Staatsbürger in Libyen festgehalten. Diese "Geiseln müssten mit Waffengewalt befreit werden", schreibt Lega-Großrat Boris Bignasca in einer Resolution.

2009: Gaddafi empfängt den Lockerbie-Attentäter
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Die Tessiner Behörden sollen sich nun in der 20 Minuten". Die Schweizer müssten die Risiken und Opfer eines bewaffneten Konflikts mit Entschlossenheit angehen. Schweizer Soldaten könnten in einer Blitzaktion die in der Schweizer Botschaft festgehaltenen Geiseln befreien.

Ehre der Schweiz bleibt gewahrt

Damit würden die Rechte, Interessen und nicht zuletzt auch die Ehre der Schweiz gewahrt, schreibt der 22-jährige Student der Rechtswissenschaften und Sohn von Lega-Präsident Giuliano Bignasca in der Resolution. Die Schweiz dürfe sich nicht gefallen lassen, dass der Tyrann Gaddafi die Aufteilung der Schweiz an die Nachbarländer Deutschland, Frankreich und Italien fordere und somit die Souveränität des Landes angreife.

Bignasca sagte am Freitagabend gegenüber dem Lokalsender "TeleTicino", er hoffe, dass das Tessiner Kantonsparlament die Resolution in der Septembersession, die am 21. September beginnt, behandeln wird. Der Vorschlag der Lega dei Ticinesi dürfte bei den Schweizern allerdings nur wenig Gehör finden. Die rechte Partei wurde 1991 durch eine Protestinitiative gegründet. Sie ist ausschließlich im Kanton Tessin aktiv und kommt im Schweizer Nationalrat gerade mal auf einen Sitz.

Schweiz in einmaliger Krise

Begonnen hatte der Streit zwischen Gaddafi und der Schweiz mit der Forderung des libyschen Diktators, die Schweiz von der Landkarte zu tilgen. "Libyen hat den Antrag gestellt, dass bei der Uno-Vollversammlung, die am 15. September beginnt, auch diskutiert werden soll, dass das schweizerische Staatsterritorium aufgeteilt und an die Nachbarländer verteilt wird", berichtete eine Abgeordnete des Schweizer Parlaments. So solle die Romandie an Frankreich, das Tessin an Italien und die Deutschschweiz an Deutschland fallen. Eine Anfrage unserer Redaktion bei der Uno über den mutmaßlichen Libyen-Vorstoß blieb zunächst unbeantwortet. Der Plan dürfte ohnehin scheitern.

Dennoch: Er hat die Schweiz in eine einmalige Krise gestürzt. Mit Drohungen und Demütigungen führt der Tyrann aus Tripolis den Berner Bundesrat vor. "Wenn uns die Libyen-Affäre etwas gelehrt hat, dann, wie schlecht die Schweizer Diplomatie und Politik auf die Herausforderungen der globalisierten Welt gerüstet ist", analysiert der Genfer Arabien-Experte Hasni Abidi.

Politthriller begann 2008

Der Politthriller begann 2008 in einem Genfer Hotel. Hannibal Gaddafi, Sohn des Diktators, und seine Frau logierten mit Dienstboten in der Luxus-Herberge. Dort sollen die Gaddafis ihre Angestellten geschlagen und wie Knechte gehalten haben. Schließlich griff die Genfer Polizei mit 20 Beamten ein. Festnahme. Eine Richterin warf dem Paar einfache Körperverletzung, Drohung und Nötigung vor. Gegen Kaution kamen die Gaddafis frei.

In Libyen kochte Vater Muammar vor Wut. Er kappte die Öllieferungen in die Schweiz, schränkte die Finanzbeziehungen ein. Und er ließ zwei Schweizer Geschäftsleute festsetzen. Der konstruierte Vorwurf: Sie hätten gegen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen verstoßen. Seitdem müht sich das Berner Außenministerium um eine Freilassung — vergeblich.

Kritik des Bundespräsidenten

Unlängst machte sich dann Bundespräsident Hans-Rudolf Merz auf nach Libyen. Er entschuldigte sich schriftlich für die "ungerechtfertigte und unnötige" Verhaftung des Gaddafi-Sprosses. Im Gegenzug erwartete Merz, dass die Libyer die Schweizer freilassen. Bern schickte den Regierungs-Jet nach Tripolis; doch der musste ohne die beiden wieder abheben. Bis gestern Nachmittag gab es kein Zeichen einer Heimkehr.

In Bern sorgte die Aktion des Bundespräsidenten für Empörung. Darf Merz sich für Entscheidungen der unabhängigen Justiz entschuldigen und ihr so in den Rücken fallen? Die Sozialdemokraten fürchten, die Schweiz sei "erpressbar" geworden. Jetzt musste Merz die Aktion Geiselbefreiung wieder an das Außenministerium abgeben.

(RP)
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