Schüler verletzt: Nach Messerangriff in Wuppertal – Anklage gegen 17-Jährigen
EILMELDUNG
Schüler verletzt: Nach Messerangriff in Wuppertal – Anklage gegen 17-Jährigen

G-8-Gipfel in L'Aquila Aufregung um Obamas Shakehands mit Gaddafi

L'Aquila (RPO). Ein kurzer Händedruck hat im Rahmen des G-8-Gipfels für viel Aufregung gesorgt: Als sich die Mächtigsten der Welt zum sogenannten "Familienfoto" versammelten, reichte US-Präsident Barack Obama auch einem lange Geächteten die Hand: dem libyschen Staatschef Muammar Gaddafi. Jahrzehntelange wäre eine solche Begrüßung Gaddafis, der erneut in schillernde Landestracht gehüllt auftrat, undenkbar gewesen.

Gaddafi auf dem G-8-Gipfel in L'Aquila
9 Bilder

Gaddafi auf dem G-8-Gipfel in L'Aquila

9 Bilder

Lange war Gaddafi der Ausgestoßene schlechthin auf dem internationalen Parkett. Obamas Vor-Vorgänger Ronald Reagan bezeichnete ihn einst als den "verrückten Hund des Nahen Ostens", was die bilateralen Beziehungen nicht gerade förderte. Doch zuletzt setzte Gaddafi alles daran, das Image des Terroristen-Unterstützers loszuwerden, das fast 40 Jahre lang an ihm und seinem Staat klebte.

Höflich, nicht wirklich lächelnd

Die Liste der unrühmlichen Taten mit libyschem Hintergrund ist lang: Gaddafi beherbergte Abu Nidal, den Drahtzieher der Olympia-Morde von München 1972. Er provozierte amerikanische Luftangriffe mit einem libyschen Anschlag auf eine Diskothek in West-Berlin, bei dem 1986 zwei amerikanische Soldaten starben. Außerdem bekannte sich Libyen zu dem Anschlag auf den PanAm-Jumbo über Lockerbie 1988, bei dem 270 Menschen ums Leben kamen.

Doch immerhin zahlte Libyen inzwischen 2,7 Milliarden Dollar (1,7 Milliarden Euro) Entschädigung an Lockerbie-Hinterbliebene. Diese Geste und Gaddafis Bereitschaft, dem libyschen Massenvernichtungswaffen-Programm abzuschwören, führten schließlich dazu, dass die US-Sanktionen aufgehoben wurden. Gaddafi konnte sich damit auf den Weg in die Mitte der Staatenlenker machen. Als Präsident der Afrikanischen Union durfte er nun sogar erstmals an einem großen globalen Gipfeltreffen teilnehmen.

Im April war Obama noch von seinen republikanischen Gegnern dafür gescholten worden, den venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez - erklärtermaßen kein Freund der USA - die Hand gereicht und dabei gelächelt zu haben. Diesmal entschied sich Obama für einen etwas anderen Gesichtsausdruck: höflich und freundlich, aber nicht wirklich lächelnd. Und Gaddafi ging weiter und grüßte die nächsten Staatenlenker.

Merkel lobt G-8-Ergebnisse

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Ergebnisse des G8-Gipfels im mittelitalienischen L'Aquila unterdessen gelobt. Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands in L'Aquila hätten sich sowohl in der Wirtschaftskrise wie auch beim Klimaschutz "zu ihrer Verantwortung bekannt", sagte Merkel zum Abschluss des Spitzentreffens am Freitag.

Es sei ein "sehr schöner und umfangreich organisierter Gipfel" gewesen. Die Welt wachse "im Geist des Respekts und der Freiheit" Stück für Stück zusammen. Der G-8-Gipfel in Italien hat nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel deutliche Fortschritte auf dem Weg zu einem neuen Klimaschutz-Protokoll gebracht. Für die UN-Weltklimakonferenz in Kopenhagen seien nun wichtige Weichen gestellt, doch bleibe ein "Riesenstück Arbeit" übrig, sagte die CDU-Chefin auf ihrer Abschluss-Pressekonferenz.

Wichtig sei, dass sich alle Teilnehmer verpflichtet haben, einen Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur um mehr als zwei Grad zu verhindern. Die langfristige Zukunft der traditionellen G-8-Treffen stellte Merkel erneut in Frage und regte eine Neuordnung der globalen Entscheidungsrunden schon 2010 an.

"Die Zeit drängt"

Merkel sagte, mit dem Zwei-Grad-Ziel gebe es nun zum "allerersten Mal einen festgelegten Rahmen" für die weiteren Klimaverhandlungen. "Allerdings: Die Zeit drängt. 150 Tage - das ist durchaus ein ambitionierter Zeitplan", sagte Merkel mit Blick auf die Kopenhagen-Konferenz, wo im Dezember eine Nachfolge-Regelung des Kyoto-Protokolls ausgehandelt wird. Bis dahin müssten die Industrieländer ihre mittelfristigen Klimaziele klarer festlegen. Auch müssten die Entwicklungsländer die Langfrist-Ziele der Industrienationen teilen, wie sie es nun angedeutet hätten.

Zur Ablösung des alten Formats der acht führenden Industriestaaten sagte Merkel, dass sich die vor zwei Jahren begonnene enge Anbindung der fünf wichtigsten Schwellenländer bewährt habe. "Dies ist ein guter Beitrag zu der Entscheidung, ob G-20 - oder welches Format auch immer - das vorherrschende Format sein wird." Sie rechne mit Entscheidungen im nächsten Jahr. Die Kanzlerin hatte bereits vor dem Gipfel gefordert, die G-20 zum maßgeblichen Entscheidungsgremium zu machen. Unter diesem Dach sollen kleinere Gruppen wie die G-8 oder die G-5 weiterexistieren.

Die Kanzlerin betonte, dass der Gipfel in L'Aquila zu einer weiteren Annäherung der Industrie- und Schwellenländer bei der Lösung der wichtigsten globalen Fragen geführt hat. "Die Welt wächst ein Stück zusammen, auch in der Art wie die politischen Akteure zusammenarbeiten."

Gegen künstliche Leitwährung

Den chinesischen Vorschlag zur Einführung einer künstlichen Leitwährung anstelle des Dollars wies Merkel zurück. Der Vorstoß sei "nicht von praktischer Relevanz". Bei dem Treffen in L'Aquila sei darüber aber nicht gesprochen worden. Zu dem Vorschlag des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy einer Neuordnung des Weltwährungssystems verwies Merkel darauf, dass "die Tatsache, dass es einen Euroraum gibt, auch seine Wirkung entfaltet". Wichtig sei, "dass die Währungen nicht gegeneinander arbeiten".

Mit Blick auf den G-20-Weltfinanzgipfel Ende September in Pittsburgh erneuerte die Kanzlerin ihre Forderung nach einem allmählichen Ausstieg aus der stark expansiven Geld- und Haushaltspolitik vieler Staaten und ihren milliardenschweren Konjunkturpaketen. Dies musse jedoch "langsam und zielgerichtet" geschehen, um die Krise nicht erneut anzuheizen. Der richtige Zeitpunkt für eine solche "Exit-Strategie" sei nicht das Erreichen der Talsohle, sondern erst der später einsetzende Aufschwung.

"Nukleare Bewaffnung Irans verhindern"

Zum Streit über das iranische Atomprogramm sagte Merkel, sie setze weiter auf Verhandlungen mit der Regierung in Teheran. "Sie wissen, dass ich seit Jahr und Tag auf eine diplomatische Lösung in der Iran-Frage setze. Und das eint uns auch hier in diesem G-8-Format", sagte die CDU-Chefin. Sollte der Iran jedoch die nun gesetzte Frist bis September verstreichen lassen, müsse die Staatengemeinschaft über Sanktionen nachdenken.

Lobend erwähnte Merkel die gewandelte Rolle der USA. So sei etwa Bewegung in die Klimaschutzpolitik Amerikas gekommen. Auch in der Entwicklungspolitik gebe es Neuerungen wie den Ansatz "Hilfe zur Selbsthilfe", die den Europäern sehr gut gefielen. "Das macht in diesen Bereichen die Kooperation noch vertiefter möglich", sagte Merkel.

(AP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort