Lockerbie-Attentäter zurück in Libyen Staatschef Gaddafi empfängt Megrahi

Tripolis (RPO). Der schwer krebskranke Lockerbie-Attentäter Abdelbasset Ali Mohammed el Megrahi ist einen Tag nach seiner Freilassung aus schottischer Haft von Libyens Machthaber Muammar Gaddafi empfangen worden. Megrahi beteuerte erneut seine Unschuld und kündigte Beweise für ein "Fehlurteil" an.

2009: Herzlicher Empfang für Megrahi durch Gaddafi
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2009: Herzlicher Empfang für Megrahi durch Gaddafi

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Bei dem Treffen mit dem 57-jährigen Megrahi und seiner Familie am Freitagabend lobte Gaddafi laut Jana vor allem den "Mut" der schottischen Behörden. Sie hätten angesichts des "nicht akzeptablen und nicht angemessenen" Drucks ihre Unabhängigkeit bewiesen. Die US-Regierung und Angehörige der 270 Opfer des Attentats auf ein US-Linienflugzeug über dem schottischen Lockerbie 1988 hatten sich vehement gegen eine Freilassung des Attentäters ausgesprochen.

Gaddafi dankt den Royals

Der libysche Staatschef bedankte sich dem Bericht zufolge auch beim britischen Premierminister Gordon Brown, bei Queen Elizabeth II. und ihrem zweitältesten Sohn Prinz Andrew. Alle drei hätten die schottische Regierung ermutigt, die "historische und mutige Entscheidung" zu treffen, Megrahi freizulassen. Dieser Schritt werde "positive Auswirkungen" auf die Beziehungen zwischen beiden Ländern und alle Bereiche der Zusammenarbeit haben, sagte Gaddafi.

Megrahi als Faustpfand in Wirtschaftsfragen?

Gaddafis Sohn Seif el Islam hatte zuvor in einem Fernseh-Interview gesagt, dass die Freilassung Megrahis bei wirtschaftlichen Verhandlungen mit Großbritannien eine Rolle gespielt habe. Bei Verhandlungen über Öl- und Gaslieferungen sei auch der Fall des Lockerbie-Attentäters auf den Verhandlungstisch gekommen, sagte Islam, der ein wichtiger Unterhändler in den Gesprächen mit der schottischen Regierung war und Megrahi bei seiner Rückkehr begleitete.

Großbritannien wies die Behauptungen entschieden zurück. "Es gibt kein Abkommen", sagte ein Außenamtssprecher der Nachrichtenagentur AFP. Die Entscheidung über die Freilassung Megrahis sei allein von der schottischen Regierung und den dortigen Justizbehörden getroffen worden. Die geschäftlichen Interessen Großbritanniens in Libyen hätten dabei keine Rolle gespielt.

Megrahi beteuert Unschuld

Megrahi selbst sagte am Freitagabend in einer kurzen Erklärung im libyschen Fernsehen, er habe "niemals gehofft", eines Tages nach Libyen zurückzukehren. Er habe lange auf diesen Moment gewartet. In einem Interview mit der britischen Zeitung "The Times" beteuerte er am Samstag erneut seine Unschuld. "Wenn es im Vereinigten Königreich Gerechtigkeit gibt, würde ich freigesprochen oder das Urteil würde aufgehoben", sagte Megrahi, der von einem "Fehlurteil" sprach.

Noch vor seinem Tod wolle er über seine schottischen Anwälte neue, entlastende Beweise präsentieren, kündigte der frühere Geheimdienstagent an. Auf die Frage, wer für den Anschlag in Lockerbie verantwortlich sei, sagte Megrahi: "Das ist eine sehr gute Frage, aber ich bin nicht der richtige Adressat." Er beteuerte erneut, dass Libyen nicht hinter dem Attentat mit 270 Toten stecke.

Megrahi war am Donnerstag aus schottischer Haft entlassen worden und noch am selben Tag nach Libyen geflogen. Bei seiner Ankunft in Tripolis winkten hunderte Menschen mit libyschen und schottischen Fahnen. Der begeisterte Empfang hatte vor allem in den USA für Empörung gesorgt.

(AFP/felt)
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