Regierung dementiert Offensive Offenbar Blutbad in syrischer Stadt Homs

Beirut · Kurz vor einer Entscheidung des UN-Sicherheitsrats über eine Syrien-Resolution richtete die syrische Armee offenbar ein Blutbad in Homs an. Fraglich ist, ob die nach Angaben von Oppositionellen mehr als 200 Toten Russen und Chinesen beeinflussen. Die Regierung in Damaskus bestreitet eine Offensive jedoch.

Homs - Bilder aus der Stadt des Todes
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Zwei regierungskritische Organisationen, das Syrische Observatorium für Menschenrechte und die Örtlichen Koordinationskomitees meldeten 200 Tote bei einem Angriff mit Panzern am frühen Samstagmorgen auf die Stadt. Mit schwerem Beschuss habe der Angriff begonnen, berichteten Aktivisten, deren Angaben nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden konnten.

Allein im Viertel Chaldijeh, seit elf Monaten einer der Brennpunkte der Protestbewegung gegen Präsident Baschar Assad, habe es an die 140 Tote gegeben, hieß es. "Das ist der schlimmste Angriff seit Beginn des Aufstandes, seitdem der Aufstand im März begann", sagte der Leiter des Syrischen Observatoriums, Rami Abdul-Rahman. Den Koordinationkomitees zufolge setzten die Regierungstruppen Panzer und schwere Maschinengewehre ein.

Regierung spricht von Aufwiegelung

Mitglieder der Protestbewegung berichteten aus Homs, dass Regierungstruppen die Stadt gestürmt und dann Stadtviertel gezielt mit Panzergranaten beschossen hätten. "Menschen sterben im Schutt ihrer eingestürzten Häuser", sagte der Aktivist Aiman Idlibi.

Nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Arabija wurden bei dem Angriff 337 Menschen getötet. Wie der Sender am frühen Samstagmorgen weiter berichtete, wurden etwa 1300 Menschen verletzt.

Im syrischen Fernsehen hieß es dagegen, diese Berichten seien unwahr und stünden im Zusammenhang mit einer "Aufwiegelung von bewaffneten Gruppen" gegen Syrien, die im Sicherheitsrat ausgenutzt werden solle. In Amateurvideos gezeigte Leichen - von Aktivisten als Opfer des Angriffs bezeichnet - seien Menschen, die von "terroristischen bewaffneten Gruppen" entführt worden seien.

Unklar war zunächst, was den Angriff auslöste. Es gibt aber Berichte, dass Deserteure Kontrollposten in dem Gebiet errichtet haben und versuchen, ihre Kontrolle dort zu konsolidieren. Assad versucht seit Monaten, die Protestbewegung niederzuschlagen. Mehrere Tausend Menschen sollen bei den Zusammenstößen bisher getötet worden sein.

Weitere Sicherheitsberatungen

Der UN-Sicherheitsrat setzt an diesem Samstag seine Verhandlungen über eine Resolution zum Konflikt in Syrien fort. Dabei solle eine Abstimmung über eine Resolution vorbereitet werden, die wegen der russischen Vetodrohung bisher vermieden worden sei, verlautete am Freitag aus Diplomatenkreisen in New York.

Zuvor hatte US-Außeministerin Hillary Clinton mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow telefoniert, um den Moskauer Widerstand gegen eine Resolution zu überwinden. Die USA und ihre Verbündeten haben eine militärische Intervention in Syrien ausgeschlossen, unterstützen aber einen Plan der Arabischen Liga, der Assad auffordert, die Macht an seinen Stellvertreter zu übergeben.

Die Vetomacht Russland hatte am Freitag auch einen neuen Resolutionsentwurf aus Marokko abgelehnt. Der Text sei nicht akzeptabel, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti den stellvertretenden russischen Außenminister Gennadi Gatilow.

Angesichts der weiter zunehmenden Gewalt in Syrien hat Außenminister Guido Westerwelle eine schnelle Einigung auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrat gefordert. "Die Intensität, mit der die syrischen Regierungstruppen gegen das eigene Volk vorgehen, nimmt weiter zu", erklärte der FDP-Politiker am Samstag. "Es ist nun allerhöchste Zeit, dass die internationale Staatengemeinschaft dazu eine klare Position bezieht und die Gewalt des Assad-Regimes in aller Deutlichkeit verurteilt."

Derweil haben sich in der Nacht zu Samstag in London 150 Menschen vor der syrischen Botschaft zu Protesten versammelt. Dabei gelang es fünf Männern, in das Gebäude im Zentrum der britischen Hauptstadt einzudringen, wie Scotland Yard mitteilte. Die Männer seien festgenommen worden. Laut dem Rundfunksender BBC sollen Fenster eingeschmissen worden sein.

(APD/AFP/dpa/das)
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