Lebenslänglich für Ägyptens Ex-Staatschef Mubarak offenbar auf der Intensivstation

Kairo · Der langjährige ägyptische Staatschef Husni Mubarak ist wegen der Anordnung tödlicher Gewalt gegen Demonstranten zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach seiner Verurteilung brach Mubarak bei seiner Einweisung ins Gefängnis in Tränen aus. Über seinen Gesundheitszustand gibt es derzeit wilde Spekulationen. Medien sprechen von Herzinfarkt.

Urteilsverkündung gegen Ägyptens Ex-Diktator Mubarak
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Das Strafgericht in Kairo verurteilte den ägyptischen Ex-Präsidenten zu lebenslanger Haftstrafe. Bei der Urteilsverkündung blieb er regungslos, nahm nicht einmal seine Sonnenbrille ab. Doch die Strafe hat den 84-Jährigen wohl doch hart getroffen. Als man Mubarak mit einem Hubschrauber zum Tora-Gefängnis flog, brach der ehemalige Staatschef nach Angaben von Augenzeugen zusammen.

"Sein Gesundheitszustand hat sich plötzlich sehr verschlechtert, weshalb ihn die Ärzte nach der Landung an Bord des Helikopters versorgen mussten", sagte ein dpa-Mitarbeiter am Samstag vor Ort. Außerdem habe Mubarak den Hubschrauber nicht verlassen wollen.

"Gesundheitliche Krise"

Das staatliche Nachrichtenportal "Egynews" zitierte einen Arzt, wonach Mubarak sehr schlecht auf die Nachricht reagiert habe, dass er nicht zurück in das Militärkrankenhaus gebracht worden sei. Dort hatte er die vergangenen Monate seiner Untersuchungshaft verbracht.

Das ägyptische Staatsfernsehen und die staatliche Nachrichtenagentur sprechen am Samstag, der 84-Jährige habe eine "gesundheitliche Krise" erlitten. Dem staatlichen Internet-Fernsehsender Nile News zufolge hatte Mubarak einen Herzinfarkt. Das konnte jedoch zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.

Tränen im Hubschrauber

Mubarak soll sich Sicherheitskreisen zufolge geweigert haben, den Hubschrauber zu verlassen, der ihn zu einem Gefängniskrankenhaus brachte. Er bat die Beamten unter Tränen, ihn zurück in das Militärkrankenhaus zu bringen, wo er seit Beginn des Prozesses am 3. August in einer Präsidentensuite untergebracht war.

Seine Eskorte brauchte 30 Minuten, um Mubarak schließlich doch dazu zu bringen, den Hubschrauber zu verlassen. Ein Kairoer Gericht hatte am Samstag nach der Urteilsverkündung angeordnet, Mubarak zur Verbüßung seiner lebenslangen Haftstrafe in das Gefängnis Tora am Kairoer Stadtrand zu bringen. Der Generalstaatsanwalt soll die Verlegung in das Krankenhaus des Tora-Gefängnisses angeordnet haben.

Über seinen Gesundheitszustand gibt es keine genaueren Angaben. Seinem Anwalt zufolge leidet er unter Krebs, was das ägyptische Gesundheitsministerium jedoch dementierte. Auch von Herzproblemen wird berichtet. Seine Untersuchungshaft verbrachte Mubarak in einem Militärkrankenhaus.

Lebenslänglich für Ex-Innenminister al-Adli

Sechs ehemalige Polizeikommandeure, die sich ebenfalls vor Gericht verantworten mussten, wurden freigesprochen. Die Mubarak-Vertrauten hatten beteuert, keine Schüsse auf Demonstranten oder andere tödliche Gewalt angeordnet zu haben.

Anwalt will Urteil anfechten

Mubarak wurde vom Vorwurf der Korruption freigesprochen. Das Gericht machte ihn jedoch verantwortlich für das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten, die von Ende Januar 2011 an 18 Tage lang auf dem Tahrir-Platz in Kairo und in anderen Städten Mubaraks Rücktritt forderten. Damals waren Schätzungen zufolge rund 850 Demonstranten getötet worden. Die Staatsanwaltschaft hatte die Todesstrafe fü Mubarak gefordert.

Der schwerkranke Ex-Staatschef zeigte keinerlei Regung, als Richter Ahmed Rifaat das Urteil verlas. Seine Augen verbarg er hinter einer schwarzen Sonnenbrille. Der 84-Jährige war zuvor mit einem Hubschrauber zum Gericht geflogen worden. Auf einer Trage liegend verfolgte er die Urteilsverkündung gemeinsam mit seinen Mitangeklagten im Käfig der Angeklagten. Alaa und Gamal Mubarak hatten Tränen in den Augen. Sie müssen sich bald in einem anderen Korruptionsverfahren verantworten.

Mubaraks Anwalt Jasser Bahr kündigte an, das Urteil anzufechten. "Dieses Urteil ist voller juristischer Schwächen", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Die als Nebenkläger auftretenden Anwälte sagten, sie fürchteten, dass Mubarak und al-Adli in einem Berufungsverfahren freigesprochen würden. Beobachter kritisierten einen Mangel an Beweisen für die Polizeigewalt.

Ausschreitungen im Gerichtssaal

Im Gerichtssaal und vor dem Gebäude kam es nach der Urteilsverkündung zu Ausschreitungen. Einige Anwälte riefen "Null und nichtig!" und "Das Volk will die Säuberung der Justiz!". Angehörige von Opfern der Mubarak-Herrschaft forderten die Todesstrafe. Polizisten setzten Blendgranaten ein. Nach Angaben eines Sicherheitsvertreters waren 5000 Polizisten und 2000 Soldaten im Einsatz.

Richter Rifaat sagte, er habe ein "ruhiges Gewissen", was sein Urteil angehe. Die Amtszeit Mubaraks zeichnete er mit düsteren Worten. Er sprach über die Armut der Bevölkerung und würdigte die Demonstranten, die sich gegen Mubaraks Herrschaft aufgelehnt hatten. "Sie gingen friedlich zum Tahrir-Platz und verlangten lediglich Gerechtigkeit, Freiheit, Demokratie", sagte er.

Mubarak war nach seinem Rücktritt am 11. Februar 2011 ans Rote Meer geflohen und wurde dort zwei Monate später festgenommen. Der Prozess begann am 3. August. Die Urteilsverkündung erfolgt zwei Wochen vor der Stichwahl um das Präsidentenamt.

(AFP/apd/dpa)
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