Waffenruhe weitestgehend eingehalten Entscheidung über deutschen Libanon-Einsatz naht

Düsseldorf (rpo). Nach dem Inkrafttreten des Waffenstillstandes im Libanon rückt in Berlin die Entscheidung über einen deutschen Beitrag zur geplanten UN-Friedensmission näher. Bis Ende dieser Woche solle es "mehr Klarheit" geben, sagte ein Regierungssprecher am Montag. In Jerusalem sprach Israels Ministerpräsident Ehud Olmert unterdessen von einem Erfolg der Militäroffensive. Man habe das Selbstvertrauen der Hisbollah unterhöhlt.

In einer Rede vor der Knesset sprach Olmert davon, dass das Waffenarsenal der Miliz weitgehend zerstört sei. "Wir werden sie weiter überall und zu jeder Zeit verfolgen", betonte der Ministerpräsident, der am Morgen den vom Weltsicherheitsrat geforderten Waffenstillstand umgesetzt und den Streitkräften eine Einstellung der Angriffe im Libanon befohlen hatte.

Olmert räumte ein, bei der Militäroffensive habe es "Unzulänglichkeiten" gegeben. Die Regierung werde diese Fehler untersuchen und daraus ihre Lektionen für die Zukunft ziehen. Beim nächsten Mal werde man es besser machen, sagte Olmert.

Diskussion um deutschen Einsatz

In Berlin entbrennt inzwischen die Diskussion um eine deutsche Beteiligung an einer UN-Friedenstruppe für den Libanon. Bis Ende der Woche will die UN genauere Anforderungen übermitteln. Auf dieser Grundlage werde die Bundesregierung dann weiter beraten und frühestens nächste Woche entscheiden, so ein Regierungssprecher in Berlin. In den Fraktionen von SPD und Union besteht einiger Widerstand gegen einen Bundeswehreinsatz.

Vizeregierungssprecher Thomas Steg sagte, die Bundesregierung werde sich nicht in frühzeitige Festlegungen drängen lassen. Er verwies darauf, dass im Zuge des Konflikts auf die Staatengemeinschaft eine Vielzahl von Aufgaben zukomme. Mit Blick auf eine mögliche deutsche Beteiligung sagte Steg, es sei für die Bundesregierung nicht vorstellbar, dass deutsche Soldaten auf israelische Staatsbürger schießen.

Bei den Sozialdemokraten stieß das Ja von SPD-Chef Kurt Beck zu einem deutschen Friedenseinsatz im Nahen Osten auf Vorbehalte. "Ein gutes Drittel der Fraktion wird sich mit deutscher militärischer Beteiligung sehr, sehr schwer tun", sagte SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler der Hannoverschen "Neuen Presse" vom Montag. Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas sagte dem Saarländischen Rundfunk, ein weiterer Auslandseinsatz würde die Bundeswehr in ihrer Struktur überfordern.

Das SPD-Präsidium erklärte, es schließe eine deutsche Beteiligung an der geplanten UN-Truppe im Libanon "nicht grundsätzlich" aus. "Wir dürfen die Debatte nicht auf militärische und polizeiliche Maßnahmen verengen", stellte das Gremium nach Angaben von Generalsekretär Hubertus Heil am Montag einmütig fest. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden (CDU), sagte im WDR, es sei falsch, alle möglichen Beteiligungen öffentlich zu erörtern, ohne die Truppenstellerkonferenz abzuwarten. Der CSU-Abgeordnete Hans Raidel schrieb an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Wir können uns dabei nach allen Seiten nur in die Nesseln setzen."

Dagegen vertrat Bundespräsident Horst Köhler die Ansicht, Deutschland müsse sich seiner Verantwortung im Nahen Osten stellen. "Ich denke, da können wir uns nicht entziehen", sagte er auf die Frage nach einer deutschen Beteiligung im Nachrichtensender N24. Die Deutschen müssten Verantwortung übernehmen im Rahmen europäischer Beschlüsse. Die Frage einer Bundeswehrbeteiligung müsse allerdings sehr sorgfältig diskutiert werden.

Waffenstillstand scheint vorerst zu halten

Vier Mal schossen israelische Soldaten auf Kämpfer der Hisbollah und töteten sechs von ihnen. Von diesen Zwischenfällen abgesehen, schien die Waffenruhe zu halten. Bis zum Nachmittag schlugen in Israel erstmals seit Wochen keine Hisbollah-Raketen ein.

Viele Libanesen, die vor den Kämpfen im Süden des Landes geflohen waren, kehrten am Montag in ihre Dörfer zurück. Das Innenministerium in Beirut warnte allerdings davor. Zunächst müssten die Häuser und Straßen nach Blindgängern durchsucht werden, hieß es. Nur wenige Stunden, nachdem die Waffenruhe, wurde ein Kind in der Ortschaft Habbouche bei der Explosion eines solchen Blindgängers getötet, 15 Menschen wurden verletzt.

Die israelischen Streitkräfte teilten mit, die Fahrverbote für das von ihnen kontrollierte Gebiet südlich des Litani-Flusses blieben vorerst in Kraft. Im Interesse ihrer eigenen Sicherheit sollten Zivilisten der Region fernbleiben.

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