Hamburg, Berlin, Potsdam Tausende Impfskeptiker demonstrieren gegen Corona-Regeln
Hamburg · Bundesweit sind am Samstag viele Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Allein in Hamburg waren es mehrere tausend Menschen. Aber auch in Berlin und Potsdam ist es zu Protesten gekommen.
Insgesamt hätten sich etwa 5000 sogenannte Querdenker und Impfskeptiker in der Hansestadt versammelt, sagte eine Polizeisprecherin auf Anfrage. Angemeldet gewesen sei eine Teilnehmerzahl von 2000. Die inzwischen seit Wochen jeden Samstag stattfindende Demonstration sei friedlich verlaufen, allerdings habe es Schwierigkeiten mit dem Abstandhalten gegeben.
Der Demonstrationszug stand unter dem Motto „Das Maß ist voll - Hände weg von unseren Kindern“ und bewegte sich durch die Innenstadt. Vergangene Woche beteiligten sich rund 3000 Menschen an der Demonstration.
Der Verfassungsschutz beobachtet seit einiger Zeit die den Corona-Leugnern zugerechneten Gruppierungen „Hamburg steht auf“ und „Querdenken 40“. Sie stehen demnach im Verdacht zum Widerstand gegen den demokratischen Rechtsstaat aufzurufen, der über friedlichen Protest hinausgeht. Landes-Verfassungsschutzsprecher Marco Haase sagte, diese Gruppierungen machten in Hamburg derzeit zwar nur einen geringen Teil des Protestspektrums aus. „Aber: Wir werden die Entwicklung sehr aufmerksam und sensibel im Fokus behalten, da natürlich auch einzelne Personen, wie beispielsweise im Rechtsextremismus, Islamismus oder Linksextremismus, eine Gefahr für unsere Demokratie darstellen könnten.“
In Potsdam haben AfD-Anhänger gegen die Corona-Beschränkungen und eine mögliche Impfpflicht protestiert. Anlass der Kundgebung, an der unter anderem der AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla teilnahm, war das Ende einer mehrtägigen Mahnwache „gegen Impfzwang und Corona-Wahnsinn“ nahe dem Landtag. Gegendemonstranten versammelten sich ebenfalls und setzten Trillerpfeifen ein. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion, Dennis Hohloch, kündigte weitere Protestaktionen an, unter anderem am Rande der nächsten Landtagssitzung in Potsdam Mitte Dezember. Er bezifferte die Teilnehmerzahl am Samstag auf etwa 200 bis 250, ein dpa-Reporter vor Ort schätzte die Zahl der AfD-Anhänger und Gegendemonstranten dagegen auf jeweils um die 100. Die Polizei machte am frühen Abend keine Angaben dazu.
Gegner von Corona-Maßnahmen sind trotz eines erlassenen Demonstrationsverbots am Samstagnachmittag in Berlin auf die Straße gegangen. Die Polizei sprach von einer Teilnehmerzahl im „unteren dreistelligen Bereich“. Die Demonstranten zogen demnach illegal durch Berlin-Friedrichshain. Es kam zu mehreren Festnahmen wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln und wegen Widerstands gegen die Beamten, wie es hieß. Ein Journalist, der die Proteste per Handy filmte, wurde den Angaben zufolge von einem Teilnehmer angegriffen. Dieser habe ihm das Smartphone entrissen. Der Journalist konnte es nach einem Handgemenge zurück erlangen, wie es hieß. Der mutmaßliche Täter müsse sich wegen versuchten räuberischen Diebstahls verantworten.
Eine für Samstag ursprünglich angemeldete Demonstration von Impfgegnern und Corona-Skeptikern mit 1000 geplanten Teilnehmern war am Freitag verboten worden. Grund für das Verbot waren nach Polizeiangaben frühere Erkenntnisse, dass die Teilnehmer regelmäßig die Corona-Regeln ignorieren würden. Das Verweigern des Tragens einer Munde-Nase-Bedeckung gehöre zu dieser Art von Demonstrationen. Ähnliche Demonstrationen waren in diesem Jahr in der Hauptstadt schon mehrfach untersagt worden.
An Protestaktionen gegen Corona-Beschränkungen haben sich in mehreren Thüringer Städten nach Polizeiangaben weit über 1000 Menschen beteiligt. Allein in Greiz, gelegen in Ostthüringen an der Landesgrenze zu Sachsen, kamen am Samstagabend nach ersten Schätzungen etwa 800 Menschen zusammen, sagte ein Sprecher der Landeseinsatzzentrale auf Anfrage in Erfurt.
In Eisenach berichtete die Polizei nach ersten Schätzungen von etwa 300 Teilnehmern an einem Protest gegen die Corona-Politik, in der Kleinstadt Bad Liebenstein seien etwa 230 Teilnehmer gezählt worden. In Thüringen - mit Sachsen das Bundesland mit den derzeit bundesweit höchsten Infektionszahlen gemessen an der Einwohnerzahl - waren Aktionen gegen die Corona-Regeln erwartet worden. Die Polizei war mit vielen Beamten landesweit im Einsatz.
Nach der Corona-Verordnung dort dürfen sich an einer Stelle im Freien nur 35 Menschen versammeln. Am Sonntag werden im Freistaat weitere Aktionen erwartet.
In der Diskussion über eine allgemeine Corona-Impfpflicht in Deutschland hat der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thomas Strobl (CDU), vor einer weiteren Radikalisierung der sogenannten Querdenker gewarnt. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes sei davon auszugehen, dass „eine Impfpflicht die aggressive Haltung der Querdenker-Bewegung noch verstärkt“, sagte der baden-württembergische Ressortchef. Die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte noch einmal eindringlich an die Menschen in Deutschland, sich freiwillig impfen zu lassen. Stiko-Chef Thomas Mertens und die Ethikerin Christiane Woopen äußerten Bedenken gegen eine generelle Impfpflicht.