Sprengstoffspuren an Wrack von abgestürzter Maschine gefunden Abstürze: Russische Ermittler bestätigen Terroranschlag

Moskau (rpo). Nach den vorschnellen Äußerungen der russischen Ermittler folgt jetzt die Korrektur: Drei Tage nach den Flugzeugabstürzen in Russland mit 90 Toten gehen die russischen Ermittler nun doch von einem Terroranschlag aus.

Russland: Zwei Flugzeuge abgestürzt
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Foto: (alle) AP

Nach ersten Erkenntnissen sei mindestens einer der beiden Abstürze auf einen "Terror-Akt" zurückzuführen, sagte der Sprecher des Inlandsgeheimdienstes FSB, Sergej Ignatschenko, am Freitag laut russischen Agenturberichten.

An Wrackteilen der nahe Rostow am Don abgestürzten Tupolew 154 seien Sprengstoffspuren gefunden worden. Ermittler fanden am Freitag Leichenteile einer tschetschenischen Passagierin von Bord der nahe Tula abgestürzten zweiten Maschine, die ebenfalls auf Sprengstoff untersucht werden sollten. Im Internet bekannte sich eine islamistische Gruppe zu den beiden Abstürzen.

Laut FSB-Sprecher Ignatschenko wurden an Wrackteilen der mit 46 Menschen an Bord nahe Rostow abgestürzten Tupolew 154 Spuren des hochexplosiven Sprengstoffs Hexogen gefunden. Dieser wurde nach russischen Angaben bereits bei vier Anschlägen auf Wohnhäuser in Moskau und weiteren russischen Städten eingesetzt, bei denen im September 1999 rund 300 Menschen getötet wurden. Damals hatte Moskau tschetschenische Rebellen verantwortlich gemacht.

In den Wrackteilen einer Tupolew 134, die in der Luft auseinandergebrochen und nahe Tula abgestürzt war, fanden die Ermittler am Freitag Leichenteile einer weiteren Passagierin. Laut Elena Butyrina vom Katastrophenschutzministerium in Tula handelte es sich um die sterblichen Überreste der tschetschenischen Passagierin Amanta Nagajewa aus Grosny. Ein Bein der Frau sei in der Flugzeugtoilette, weitere Leichenteile in 2500 Metern Entfernung gefunden worden. Sie seien wesentlich stärker zerfetzt als die der übrigen Absturzopfer und sollten auf Sprengstoffspuren untersucht werden, betonte die Ministeriumssprecherin.

Auch in der zweiten abgestürzten Maschine saß nach russischen Agenturberichten eine Passagierin aus Tschetschenien. Für beide Frauen hätten sich keine Angehörigen bei den Behörden gemeldet. Mit dem weiteren Leichenfund stieg die Zahl der Todesopfer bei beiden nahezu zeitgleichen Flugzeugabstürzen auf insgesamt 90.

Eine islamistische Gruppe namens "Islambuli-Brigaden" übernahm am Freitag im Internet die Verantwortung für die Flugzeugabstürze. Es handle sich um einen ersten Schlag, "um unsere Brüder in Tschetschenien und anderen Regionen zu unterstützen, die unter Russland leiden". Weitere Aktionen sollten folgen. In jeder der abgestürzten Maschinen hätten fünf "Kämpfer" der "Islambuli-Brigaden" gesessen, hieß es in der Erklärung, deren Echtheit zunächst nicht überprüft werden konnte.

Die Anwesenheit von je fünf Terroristen in den Flugzeugen würde auf eine versuchte Flugzeugentführung deuten. Die russischen Flugkontrollbehörden erklärten laut ITAR-TASS am Freitag, die Mannschaft der Tupolew 154 von Moskau nach Sotschi habe drei verschlüsselte Botschaften abgesetzt, wonach die Maschine entführt wurde. Die zweite Maschine von Moskau nach Wolgograd sendete demnach einen allgemeinen Notruf.

Kurz nach den Abstürzen vom Dienstagabend hatten die russischen Behörden zunächst einen Terroranschlag nahezu ausgeschlossen und auf mögliche technische Ursachen oder Pilotenfehler hingewiesen. Da am Sonntag in der abtrünnigen Kaukasusrepublik Tschetschenien ein neuer Präsident gewählt wird, hatten Medien und viele einfache Bürger dagegen sofort einen tschetschenischen Terroranschlag vermutet.

(afp)
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