Lange Trennung von Familie / Einsamkeit Psychologe: Auch Fernfahrer greifen gern zur Flasche

Aachen (dpa/lnw). Unter den Fernfahrern gibt es nach der Einschätzung von Experten genau so viele Alkoholiker wie in anderen Berufsgruppen. "Fernfahrer sind lange von der Familie weg und viel alleine", nannte Psychologe Ulfert Hapke von der Universität Greifswald am Donnerstag in Aachen Gründe für den Griff zur Flasche.

"Am Abend trinken sie ein Bier, damit sie schlafen können", sagte Hapke. Besonders gefährdet seien außerdem Menschen in "Kontaktberufen" wie Verkäufer, Vertreter oder Gastronomen.

Das Verhalten der Arbeitnehmer sei zwiespältig. Solange betroffene Mitarbeiter trotz Alkoholkonsums ihre Aufgaben bewältigten, werde das Trinken stillschweigend geduldet oder belächelt. "Sobald die Probleme anfangen, dann beginnen Scham und Unbehagen", sagte Hapke bei der Arbeitsmedizinischen Herbsttagung in Aachen. Die Suchtprogramme von Betrieben griffen an dieser Stelle viel zu spät. Der Körper habe bereits Schaden genommen.

"Betriebsärzte erkennen das Alkoholproblem schon früher, haben aber keine Möglichkeit einzugreifen", kritisierte Hapke. "Viele Patienten meinen, Alkohol ist Privatsache. Wenn der Arzt fragt, wie viel Alkohol man trinkt, wird schon komisch geguckt."

Notwendig sei eine Vorbeugung, die schon vor der Abhängigkeit und möglichst flächendeckend greife. Haus- und Betriebsärzte sollten aktiv auf die Menschen zugehen. Studien hätten gezeigt, dass durch eine persönliche Ansprache vor dem Suchtproblem überaus viele Menschen sensibilisiert werden könnten.

Nach Angaben des Wissenschaftlers zählen fünf Prozent der Männer und 1,5 Prozent der Frauen in Deutschland zu den Alkoholikern. Daneben seien bis zu 30 Prozent der Männer und neun Prozent der Frauen Risikokonsumenten: Ab dem täglichen Genuss von einer halben Flasche Wein steige das Risiko für Sucht und körperliche Folgeschäden. Bei Frauen reiche bereits ein Viertelliter Wein.

(RPO Archiv)
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