Köln Kölner Raser müssen doch ins Gefängnis

Köln · Bei dem illegalen Rennen in Köln war im April 2015 eine Radfahrerin gestorben. Die beiden Männer wurden zunächst zu Bewährungsstrafen verurteilt. Dafür würden jedoch keine besonderen Gründe sprechen, urteilte das Gericht nun.

Ein letztes Mal gehen Erkan F. und Firat M. gestern Nachmittag den Weg über den langen Gang des Kölner Landgerichts bis zum Saal 13. Die Krägen ihrer Jacken haben sie hochgezogen, die Blicke nach unten gerichtet, sie gehen schnell, vorbei an den Menschen, die den sogenannten Raser-Prozess als Zuschauer verfolgen wollen.

Wenige Minuten später verkündet der Vorsitzende Richter der 3. Großen Strafkammer das Urteil im Revisionsprozess: Diesmal müssen die 24 und 25 Jahre alten Angeklagten in Haft. "Für uns steht ohne Zweifel fest, dass die Strafen nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können", sagt der Vorsitzende. Es lägen keine "besonderen Gründe" vor, die Bewährungsstrafen rechtfertigen würden.

Der heute 25 Jahre alte Erkan F. war von einer anderen Kammer wegen fahrlässiger Tötung der 19 Jahre alten Miriam S. im April 2016 zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe, Firat M. (24) zu einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden. Nun müssen sie diese Strafen in Haft absitzen. Die beiden hatten sich im April 2015 auf dem Kölner Auenweg ein Rennen geliefert, Erkan F. hatte die Kontrolle über seinen BMW verloren und die Radfahrerin erfasst. Sie starb drei Tage später. Der Bundesgerichtshof hatte den Fall an das Kölner Landgericht zurückgewiesen, da nach Auffassung der Richter bei der ersten Verurteilung unter anderem nicht berücksichtigt worden war, wie sich die Bewährungsstrafen auf das "allgemeine Rechtsempfinden der Bevölkerung" auswirken würden.

Im neu aufgerollten Prozess hatte vor allem Firat M., der damals mit dem hochmotorisierten Mercedes seines Vaters unterwegs war, eine denkbar schlechte Figur abgegeben. "Was als Reue rüberkommen sollte, war eher Selbstmitleid", sagt der Vorsitzende. So hatte die Mutter des Angeklagten im Zeugenstand etwa darüber geklagt, dass ihr Sohn so viel Gewicht verloren habe. Er selbst hatte den tödlichen Unfall bei einer Therapeutin heruntergespielt und sich beklagt, er sei als "Totraser" und "Rowdy Nummer 1" stigmatisiert.

Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer gesagt, Firat M. hätte sich mit seinem Verhalten nach der Tat, aber auch im Prozess "selbst disqualifiziert", sich nie wirklich von schnellen Autos distanziert, obwohl er behauptet hatte: "Wenn ich in schnelle Autos einsteige, bekomme ich Paranoia." Nikolaos Gazeas, Anwalt der Familie von Miriam S., sagte im Plädoyer: "Sie haben versucht, sich das Kostüm des Opfers umzuhängen - das steht Ihnen aber nicht, und es steht Ihnen auch nicht zu. Das Opfer ist Miriam S., Opfer sind auch ihre Eltern und ihr Bruder."

Nach Auffassung des Gerichts hat Firat M. die Tat "verharmlost und kleingeredet". Er hatte auch noch während des aktuellen Prozesses ein Bild des Unfallwagens auf seinem Facebook-Profil. Wie wichtig ihm das Mercedes Cabrio seines Vaters ist, hatte er auch schon unmittelbar nach dem Unfall gezeigt: Während Miriam S. mit ihrem Leben kämpfte, bat er einen Polizisten, mit der Sprühkreide aufzupassen, die Felgen hätten 3000 Euro gekostet. Er rief nach der Sicherstellung des Wagens Monate später beim Abschlepper an und erkundigte sich, ob der Mercedes auch regelmäßig bewegt werde, alles andere sei nicht gut für den Motor. Bei einem Termin in der Ausländerbehörde angesprochen auf die Tat, sagte M.: "Das war doch nur ein Unfall." Der Mitarbeiter war im Revisionsverfahren als Zeuge im Prozess.

Erkan F. habe hingegen "glaubhafte Reue" gezeigt, sagt der Vorsitzende. Die Schwester des 24-Jährigen hatte dem Gericht erzählt, ihr Bruder habe sich umbringen wollen, weil er mit seiner Schuld nicht klarkäme. Die Kammer berücksichtigte in der Urteilsfindung aber auch, dass eine Strafe zur Abschreckung der Allgemeinheit dienen soll. Dass die Raser-Szene in Köln weiterhin ein Problem ist - seit 2015 wurden allein 1000 Autos bei Kontrollen aus dem Verkehr gezogen - wurde im Prozess deutlich.

(hsr)
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