Stadt Willich Kastanien müssen weichen

Stadt Willich · Für den Ausbau des Anrather Bahnhofs sollen die alten Bäume gefällt werden. Das sieht der Kaufvertrag zwischen Bahn und Stadt vor. Die Bäume seien marode, außerdem sind der Stadt die Pflegekosten zu hoch.

Seit Wochen laufen am Bahnhof in Anrath die Bauarbeiten für eine neue Zufahrt, weitere 36 Park & Ride-Plätze, 40 Fahrradboxen und weitere Unterstellmöglichkeiten für Fahrräder. Alles schien in bester Ordnung zu sein, bis ein Anruf beim SPD-Ratsherrn Uli Winkler für Aufregung sorgte. "Ein Bürger teilte mir mit, er habe erfahren, dass die Kastanien, die seit Jahrzehnten am Bahnhof stehen, nach Beendigung der Baumaßnahme gefällt würden. Davon war mir nichts bekannt. So etwas stand nie zur Debatte. Es sind wunderschöne Bäume, und eine Fällung wurde nie in Erwägung gezogen", sagt Winkler.

Er erfuhr durch Nachfrage bei der Stadt Willich, dass die Fällung der Bäume tatsächlich für Ende September/Anfang Oktober geplant sei. Wie Martina Stall, Technische Beigeordnete der Stadt Willich, auf Nachfrage mitteilte, hat die Stadt Willich das Gelände von der Deutschen Bahn erworben. "Wir wollten die Bäume nicht mit übernehmen, da uns der Pflegeaufwand zu hoch ist. Die Bahn wiederum wollte sie nicht behalten. Und so kam es zu der Regelung im Kaufvertrag, dass die Bäume gefällt werden", erklärte Stall. Die Kosten hierfür übernimmt die Bahn, was laut der Technischen Beigeordneten im Kaufvertrag auch entsprechend festgehalten worden sei.

Uli Winkler ist empört. "Wenn diese Fällung ein Bestandteil des Vertrages zwischen der Stadt und der Bahn ist, dann hätte dies im Ausschuss besprochen werden müssen. Das kann nicht einfach als lapidare Regelung zwischen den beiden gehandhabt werden." Selbstverständlich müssten Bäume im öffentlichen Straßenraum gepflegt werden, aber es ginge nicht an, sich gegen einen solch wertvollen Baumbestand auszusprechen, nur weil der Stadt die Pflegekosten zu hoch seien. Die liegen laut Stall bei rund 4000 Euro. Rückschnitte sollen bislang alle zwei bis drei Jahre erfolgt sein.

Stall spricht weiter davon, dass der Zustand der Bäume mit Stammwunden oder Faulstellen keine lange Lebenszeit mehr erwarten lasse. Das hätten städtische Mitarbeiter festgestellt. Die Verkehrssicherungspflicht, die jetzt bei der Stadt liegt, sei deshalb mit einem hohen Risiko verbunden. "Die neun Kastanien kann man zwar noch stehen lassen, aber irgendwann bei einem Sturm könnte etwas passieren", bestätigt Uwe Käbe von der Bahnflächenentwicklungsgesellschaft (BEG). Die hat den Vertrag mit der Stadt abgewickelt. Von Seiten der Bahn habe es Untersuchungen hinsichtlich der Gesundheit der Bäume gegeben. Es handle sich um eine kritische Situation, so Käbe. Es müsse etwas passieren, da die Gefahr brechender Äste groß sei.

Die Bahn als bisherige Eigentümerin habe bei der Pflege der Kastanien immer so genannte Innschnitte vornehmen lassen. Das heißt, die Äste zur Bahnseite sind geschnitten worden. "Zahlen hinsichtlich der Pflegekosten möchten wir keine nennen. Sie bewegen sich im vierstelligen Bereich, da hier mit dem Hubsteiger gearbeitet werden musste, und das ist teuer", sagt Käbe.

Mit dem Thema befasste sich auch der Planungsausschuss der Stadt Willich bei seiner Sitzung am Mittwochabend. Dort erklärte Martina Stall, die Deutsche Bahn habe der Stadt das Gelände quasi "zwangs-mitverkauft"— inklusive der Auflage, die Bäume zu fällen, weil eine darunter verlaufende Leitung nicht gefährdet werden dürfe. Dafür sei der Kaufpreis reduziert worden, so Stall.

Sie schlug vor, die Fällungen in zwei Schritten vorzunehmen. Erst solle eine Hälfte gefällt und dafür versetzt andere Bäume angepflanzt werden. Danach soll die zweite Hälfte des Altbestandes gefällt werden. Die Politiker nahmen die Ausführungen ohne Widerspruch zur Kenntnis. Sie verwiesen die Debatte über die Auswahl der neu anzupflanzenden geeigneten Baumsorten an den Umweltausschuss.

(tref)
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