Wegberg So lief die Bürgermeisterwahl anno 1854

Wegberg · Vor genau 160 Jahren geriet die Bürgermeisterwahl in Wegberg zu einer Posse. Es musste eine zweite Wahl stattfinden.Die endgültige Entscheidung fiel erst Anfang Februar des Jahres 1855. Heimatforscher Dietmar Schmitz berichtet.

 Das alte Wegberger Rathaus stand am Alten Markt an der Hauptstraße, wo heute die Treppe zur Brunnenanlage ist. Von 1855 bis 1879 regierte dort Bürgermeister Johann Hubert Beckers.

Das alte Wegberger Rathaus stand am Alten Markt an der Hauptstraße, wo heute die Treppe zur Brunnenanlage ist. Von 1855 bis 1879 regierte dort Bürgermeister Johann Hubert Beckers.

Foto: Archiv Dietmar Schmitz

Studiert man alte Zeitungsberichte im Kreisarchiv in Heinsberg, stößt man für den Wegberger Bereich auf manch seltsame Begebenheit. Vor genau 160 Jahren betraf eine solche den Kaufmann Conrad Schmitz, der zur Kandidatur stand. Am 2. November 1854 lautete die Schlagzeile im Erkelenzer Kreisblatt, die "Bürgermeister-Krisis" ist glücklich vorbei. Mit großer Majorität wurde Conrad Schmitz zum Bürgermeister gewählt. Dieser kannte sich im Amt schon aus, denn von 1813 bis 1817 hatte er diese Funktion bereits ausgeübt.

Der Redakteur sah allerdings noch ein Hindernis, denn die bedeutenden Privatgeschäfte könnten den Gewählten davon abhalten, das Bürgermeisteramt zu übernehmen. Tatsächlich meldete die Zeitung eine Woche später, dass Conrad Schmitz das Amt nicht angenommen habe. Es musste eine zweite Wahl stattfinden. 15 Gemeindevertreter (heute Stadtrat) waren zur Abstimmung erschienen. Acht von ihnen stimmten für August Inderfurth, Sohn des gerade verstorbenen Bürgermeisters von Beeck, der in Personalunion Wegberg und Beeck verwaltet hatte.

Etwa einen Monat später nahm die Posse eine neue Wende, denn aus der Kreisstadt Erkelenz kam die Nachricht, dass die Bestätigung für die Wahl des Conrad Schmitz erfolgt sei. Schnell wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese Aussage, die ersten Böller im Ort wurden gezündet. Die zahlreichen Wirtshäuser füllten sich mit Neugierigen. Selbst im Rathaus soll die Depesche gefeiert worden sein. Nur wenige Mahner gab es, die den tatsächlichen Wahrheitsgehalt in Frage stellten. Die Ernüchterung folgte am nächsten Tag, die ganze Sache sei durch einen Spaß entsprungen, hieß es.

Anfang Januar 1855 wird vermeldet: Dem Vernehmen nach ist von der königlichen Regierung in Aachen der Herr Ferdinand Inderfurth zum provisorischen Bürgermeister berufen worden, der dritte Kandidat in drei Monaten. Anfang Februar 1855 fiel dann die endgültige Entscheidung zugunsten des Landwehrleutnants Johann Hubert Beckers aus Ratheim, der seit 1851 Bürgermeister in Myhl war. Seine Ernennung erfolgte auf sechs Jahre. Der Reporter merkt noch an, dass nun die Zeit der Qualen, Schikanen und sonstigen Unannehmlichkeiten vorbei sei. Der Bürgermeister könne endlich seinen Geschäften nachgehen.

Seine Amtszeit endete tatsächlich erst 1879, er hat sich besondere Verdienste für die Gemeinde Wegberg erworben, indem er zum Beispiel die Eisenbahn nach Wegberg holte. Sein Abgang war jedoch ziemlich unrühmlich, das wäre ein neues Kapitel, wie noch zwei weitere Fälle, die es in der Bürgermeisterei Arsbeck gab.

Der Kaufmann und Mühlenbesitzer Conrad Schmitz verstarb 1872, sein ehemals imposantes Grabdenkmal, inzwischen durch Vandalismus arg ramponiert, befindet sich auf dem alten Friedhof an der Bahnhofstraße. Der 1899 in Köln verstorbene Hubert Beckers, auch der "feurige Hubert" genannt, wurde ebenfalls auf dem Friedhof begraben, sein Grab wurde allerdings bereits um das Jahr 1960 herum beseitigt.

Autor Dietmar Schmitz aus Klinkum ist Heimatforscher und war viele Jahre lang Vorsitzender des Historischen Vereins Wegberg.

(RP)
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