Viersen So funktioniert das neue Kita-Konzept

Viersen · Seit Wochen diskutieren Eltern von Viersens Kindergartenkindern über die offene Arbeit in Kindertagesstätten. In einigen Einrichtungen funktioniert das Konzept. Ob das so ist, kontrolliert die Stadt aber nicht an Ort und Stelle.

 Im Bauraum spielen am Vormittag Kinder aus allen Gruppen miteinander, Paul fast den ganzen Vormittag. In einem "Bistro" serviert er der Kindergartenleiterin Gabi Ueberschär und den anderen Kindern eine Pizza aus Bauklötzen.

Im Bauraum spielen am Vormittag Kinder aus allen Gruppen miteinander, Paul fast den ganzen Vormittag. In einem "Bistro" serviert er der Kindergartenleiterin Gabi Ueberschär und den anderen Kindern eine Pizza aus Bauklötzen.

Foto: con

Das Mädchen sitzt im Bauraum des Kindergartens. Eigentlich spielt sie nicht gerne mit Bauklötzen. Doch in diesem Zimmer war früher ihr Gruppenraum, hier fühlt sie sich geborgen, hier bleibt sie — und das seit Monaten. Das haben die Eltern des Kindes Laura Mavrides erzählt.

"Es gibt Kinder, die mit dem offenen Konzept nicht klarkommen", sagt die CDU-Ratsfrau. Sie kritisierte das neue Kita-Konzept öffentlich. Inzwischen kritisieren einige Eltern Mavrides: Sie finden, die Vorteile des offenen Konzepts würden übersehen.

Die teiloffene Arbeit gibt es seit August in allen städtischen Kindertagesstätten in Viersen. Einige Einrichtungen hatten sie schon früher eingeführt, etwa die Kita Brabanter Straße in Dülken. 93 Kinder besuchen sie derzeit. Morgens bringen die Eltern die Kinder in Gruppenräume. Um 9 Uhr ertönt ein Gong: Die Kleinen schwärmen aus in Funktionsräume, also Zimmer mit thematischen Schwerpunkten.

In einem Musik- und Tanzraum zum Beispiel hüpfen gegen halb zehn sieben kleine Mädchen mit einer Erzieherin im Kreis, dazu läuft ein rockiges Kinderlied. Zwei Räume weiter setzen ein paar Kinder Steine in einem bestimmten Muster aufeinander — sie sollen in diesem Naturwissenschaftsraum etwas über Mathematik lernen. Zwischendurch rennen zwei Jungs quer durch Zimmer und Gänge. Die Leiterin der Kita, Gabi Ueberschär, sagt dazu: "Wir fördern die Kinder über ihre Stärken." In einer freien Spielzeit entscheiden die Kinder selbst, was sie tun. Ueberschär erklärt, dass sich Kinder auch an das herantrauen, was sie schlecht können, wenn sie Erfolge sehen in dem, was ihnen liegt.

Fachleute nennen das Konzept "teiloffen", weil es weiterhin Stammgruppen und Bezugserzieher gibt. Die kleinen Kinder ab zwei Jahren verbringen die ersten Wochen in Gruppenräumen. Wenn sie es wollen, können sie sie verlassen und zum Beispiel im Atelier malen gehen. Um 11.15 Uhr ertönt dann der Gong zum zweiten Mal: Alle Kinder räumen das Haus auf und gehen zurück in ihre Gruppen. Nach einem Mittagskreis werden einige abgeholt, die anderen essen, dann ist Mittagsruhe. Am Nachmittag wird wieder frei gespielt. "In der Gruppenstruktur haben alle Erzieherinnen alles gemacht", sagt Ueberschär. Jede Erzieherin musste turnen, singen, basteln. Heute machen auch die Erzieherinnen das besonders häufig, was sie gut können. "Ich möchte nicht mehr anders arbeiten", sagt die Leiterin.

Dass die Kita Brabanter Straße die teiloffene Arbeit gut umsetzt, weiß auch Wolfgang Timons, zuständig für Kitas im Jugendamt der Stadt. Er räumt ein, dass es in anderen Einrichtungen Abstimmungsbedarf gebe. Dennoch hält er die teiloffene Arbeit für richtig. Eingeführt hat die Stadt das Konzept, nachdem die neue Bildungsvereinbarung in NRW in Kraft trat: Kinder sollten individuell gefördert werden, in zehn Bildungsbereichen. "Wir haben uns gefragt, wie wir die Kitas so gestalten können, dass wir alle Kinder umfassend fördern", sagt Timons. Das Ergebnis war das teiloffene Konzept.

Ratsfrau Mavrides kritisiert, dass die Kinder in einigen Einrichtungen gar keine Bezugspersonen mehr hätten und die Erzieher dort nicht jedes Kind individuell fördern könnten. Vorgesehen ist das nicht: Stammgruppen sollten in allen städtischen Kitas bestehen bleiben, sagt Timons. Kontrollen der Stadt vor Ort gibt es aber nicht.

Dass die teiloffene Arbeit grundsätzlich funktionieren kann, zeigt die Kita Brabanter Straße. Hier sitzt kein Kind allein herum, in jedem Raum gibt es Erzieherinnen, die die Kinder ansprechen. "Das teiloffene Konzept ist super. Die Erzieher müssen aber dahinterstehen", sagt Kindergartenleiterin Ueberschär.

(RP/rl)
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