Viersen Lange Ohren, weißes Fell

Viersen · Jolly ist ein Esel, doch der Spitzname Grautier passt nicht zu ihm. Er ist kein Albino und sieht trotzdem aus wie ein Schimmel. Für seine Besitzerin ist er etwas ganz Besonderes.

Er ist anders als die anderen. Neben seinen beiden grauen Freunden sticht Jolly sofort heraus. Sein Fell ist schneeweiß wie das eines Schimmels. Doch mit einem Pferd hat Jolly nur wenig gemeinsam.

Die langen Ohren, die Gemütsruhe und der kurze kräftige Schwanz machen ihn eindeutig zum Esel. Nur sein Fell ist eben nicht grau. "Ein Albino ist er aber auch nicht. Seine Haut und seine Augen sind schwarz", sagt seine Besitzerin Elke Grotenrath.

Jolly ist ihr ganz besonders ans Herz gewachsen. "Manchmal nenne ich ihn mein Schneewittchen, obwohl das für einen Wallach natürlich Quatsch ist. Doch er bewegt sich so elegant und leichtfüßig."

Eitel ist der Vierbeiner allerdings nicht. Zum Thema Sauberkeit hat er eine etwas andere Vorstellung als seine Besitzerin. Die muss ihn häufig kräftig schrubben, damit das weiße Fell unter der dicken Schmutzschicht wieder zum Vorschein kommt.

"Jolly liebt es leider, sich im Dreck zu wälzen. Anschließend sieht er fürchterlich aus", berichtet Elke Grotenrath mit gespielter Verzweiflung. Sie hat sich die Freundschaft ihres außergewöhnlichen Langohrs erst erarbeiten müssen.

Spannende Spaziergänge

"Anfangs war er sehr scheu. Doch ich habe mich jeden Abend bevor ich ihn bettfertig gemacht habe noch mit Leckerchen in den Stall gesetzt und mir seine Neugierde zunutze gemacht."

Zu Beginn war Jolly ein Mitläufer, der eigentlich gar nicht eingeplant war. "Wir wollten einen Esel, um damit spannende Spaziergänge mit Kindern zu machen. Doch Jolly war bei den Vorbesitzern schon der beste Freund von Hansi und dann haben wir ihn eben mitgenommen." In der fremden Umgebung hat sich der weiße Wallach zunächst an seinem grauen Genossen orientiert.

"Er war noch ein richtiges Baby mit Milchzähnen", erzählt Elke Grotenrath schmunzelnd. Sie hat ihn wochenlang gepflegt, als er kränkelte und Infusionen bekommen musste. "Das hat uns zusammen geschweißt."

Der Viersenerin war in Anwesenheit des großen weißes Tieres erstmal gar nicht so wohl. "Da ich keine Erfahrungen mit Eseln hatte, gab es schon Berührungsängste. Doch wir haben voneinander gelernt und Vertrauen entwickelt." Inzwischen folgt Jolly seinem Frauchen fast wie ein Hund.

In ungewohnten Situationen lässt er ihr auch gerne den Vortritt. "Er bleibt dann erst einmal stehen und checkt die Lage. Er ist nicht störrisch, aber er braucht Zeit, sich an Neues zu gewöhnen. Wenn ich es vormache, macht er es aber meistens nach."

Zum Chef hochgearbeitet

Lange dachte Elke Grotenrath, dass Jolly keine Stimme hat oder es ihm die Sprache verschlagen hat, doch als sein Freund Hansi das erste Mal den Hof ohne ihn verließ, schickte er ihm ein sehnsüchtiges Iaahhh hinterher.

Inzwischen nimmt er solche kurzfristigen Abschiede gelassener. Jolly hat sich vom Mitläufer zum Chef der kleinen Herde hochgearbeitet. Es ist ihm schließlich schon von weitem anzusehen, dass er anders ist als die anderen.

(RP)
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