Tönisvorst Stadt plant massive Steuererhöhungen

Tönisvorst · Am Wochenende kamen die Mitglieder des Stadtrates und der Verwaltungsspitze zu einer Klausurtagung zusammen. Im Mittelpunkt standen Überlegungen zum Haushalt 2016. Gewerbe- und Grundsteuer könnten erheblich steigen.

 Im Kaminzimmer des Rathauses informierten die Stadtspitze mit Kämmerin Nicole Waßen und Bürgermeister Thomas Goßen und die Vertreter der fünf Ratsfraktionen über den Verlauf der Klausur für den Stadtrat am Samstag im Rathaus.

Im Kaminzimmer des Rathauses informierten die Stadtspitze mit Kämmerin Nicole Waßen und Bürgermeister Thomas Goßen und die Vertreter der fünf Ratsfraktionen über den Verlauf der Klausur für den Stadtrat am Samstag im Rathaus.

Foto: WOLFGANG KAISER

Ungewöhnliche Maßnahmen bei ungewöhnlichen Entwicklungen: Verwaltungsspitze und die Fraktionsvorsitzenden stehen sowieso in ständigem engen Gespräch, bei den anstehenden Problemen sollten aber alle Mitglieder des Stadtrates ins Boot geholt werden. Auf einer Klausurtagung im Ratssaal standen die Themen Unterbringung der Flüchtlinge und der Haushalt 2016 an. Alle Ratsmitglieder - nur wenige fehlten, weil sie verreist oder krank waren - wurden informiert und konnten Fragen stellen. Erste Beigeordnete und Kämmerin Nicole Waßen hatte den unangenehmen Part: Ihr Entwurf für den Haushalt 2016, der am 17. Dezember in den Stadtrat eingebracht werden soll, sieht erhebliche Steuererhöhungen vor. So soll der Hebesatz der Grundsteuer B von 435 auf 500 v. H. erhöht werden. Die Gewerbesteuer soll von 435 auf 475 v. H. erhöht werden.

Noch ist nichts beschlossen, der Haushaltsentwurf muss ja erst in den Stadtrat eingebracht werden. Die Klausur diente allein der Information und bot die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Bürgermeister Thomas Goßen zog gestern eine positive Bilanz für dieses "neue Format". Die Klausur hätte in einer guten sachlichen Atmosphäre stattgefunden. Die Verwaltung verstand dies als Signal, dass alle konstruktiv miteinander arbeiten wollen. Die Klausur solle und könne keine Entscheidungen vorwegnehmen, so Goßen weiter. Nach dem Stand heute seien 524 Flüchtlinge in Tönisvorst untergebracht, davon 150 als Erstaufnahme in der Notunterkunft Rosentalhalle. Gegenüber den Zahlen bei der Information im Juni bedeute das ein Plus von 200. Ob alle bleiben oder wie der Familiennachzug aussehe, sei aber derzeit völlig offen. Wichtig war allen Beteiligten die Versicherung, dass die vorgesehenen Steuererhöhungen nicht allein durch die Flüchtlinge hervorgerufen seien. So habe sich auch der Tarifabschluss für die Mitarbeiter in den Kitas und sozialen Diensten deutlich ausgewirkt. Die Stadt habe schon seit Jahren ein strukturelles Defizit (mehr Ausgaben als Einnahmen). Kämmerin Waßen will für 2016 wieder einen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegen. Nach dem Defizit von 4,3 Millionen Euro in 2015 steige das Defizit im Entwurf 2016 sogar um 700.000 Euro auf fünf Millionen. Eine "schwarze null" für den Haushalt 2016 hätte weit stärkere Steuererhöhungen oder tiefere Einschnitte in die Ausgaben der Stadt Tönisvorst bedeutet.

Alle Fraktionsvorsitzenden gaben in ihren Stellungnahmen an, noch nicht für die gesamte Fraktion sprechen zu können, da diese nach der Klausur erst tagen müssten. Seit 2011 waren die Steuern stabil. Unterm Strich werden wohl alle Fraktionen oder zumindest eine große Mehrheit im Rat für die Steuererhöhungen stimmen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Michael Horst hatte bereits in seiner letzten Haushaltsrede Steuererhöhungen empfohlen. Jetzt gehe kein Weg mehr dran vorbei. Sein CDU-Kollege Helmut Drüggen kritisierte Land und Bund, die alle Kommunen mit Aufgaben überfrachtet und alleingelassen hätten. Jetzt seien "tiefrote Zahlen" da. Für die Grünen deutete Kurt Wittmann an, nach der Ablehnung von Steuererhöhungen im Vorjahr könne die Fraktion jetzt "womöglich" anders verfahren. Auch Peter Lambertz von der UWT, die grundsätzlich gegen Steuererhöhungen votiere, und Torsten Frick von der FDP, die die Selbstständigkeit der Stadt erhalten will, ließen erkennen, dass sie glauben, dass alle Fraktionen des Stadtrates diese Kröte wohl schlucken müssten.

(RP)
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