Tönisvorst Auf der Suche nach einer Zukunft

Tönisvorst · Die Rheinische Post stellt in loser Folge Menschen vor, die vor Krieg, Verfolgung, Elend und Armut geflohen sind. Sie erzählen, warum sie ihre Heimat verlassen haben, welche Hoffnungen sie haben, wie sie in Deutschland leben.

"Wirtschaftsflüchtlinge", ein schwieriges Wort. Krehnik und Besim kennen es nicht. Die beiden Albaner sind erst seit zwei beziehungsweise vier Monaten in Deutschland und sprechen die Sprache noch nicht gut. Tatsächlich sind die beiden jungen Männer nicht vor Krieg, Unterdrückung und Verfolgung geflohen. Sie haben ihre Heimat verlassen, weil es dort keine Arbeit für sie gibt. Und Arbeiten, das wollen die Beiden.

"Ich möchte nicht im Flüchtlingsheim leben und anderen Menschen den Platz wegnehmen", sagt Besim. "Ich bin gekommen, um zu arbeiten, ich will mich selber finanzieren und meine Eltern unterstützen. Ich muss Geld für die Familie verdienen." 100 Euro Rente bekommt sein Vater in Albanien. Allein die Medikamente, die der kranke Mann braucht, verschlingen fast die Hälfte des Geldes. Schon vor acht Jahren hat Besim deshalb sein Geburtsland verlassen, um in Griechenland in der Gastronomie zu arbeiten. "Etwa 700.000 Albaner sind nach Griechenland gegangen, um da zu arbeiten", erzählt der junge Mann.

Nun wurden die meisten entlassen und zurück nach Albanien geschickt. Die Griechenland-Krise ist auch eine Albanien-Krise. Besim, ein zurückhaltender, freundlicher Mann, ging nicht zurück nach Albanien, weil er wusste, dass er dort keine berufliche Perspektive hatte. "Es ist so schade, auch in Albanien gibt es tolle Strände, aber kaum Infrastruktur. Die Möglichkeiten des Tourismus werden nicht genutzt", bedauert Besim. Also nahm der 27-Jährige von Griechenland aus die Fähre nach Italien und kam über Österreich nach Deutschland. "Ich bewundere die deutsche Kultur und das deutsche Rechtssystem ohne Korruption und Vetternwirtschaft. Ich möchte so gerne hier leben", sagt Besim. Er hatte gehofft, in einem Restaurant arbeiten zu können. Tatsächlich hat er jetzt die Möglichkeit, mit einer Ausnahmegenehmigung ein Praktikum zu machen. Da er nicht anerkannt ist, darf er keine richtige Arbeit annehmen. Und dass er anerkannt wird, ist unwahrscheinlich, denn Albanien gilt als sicheres Herkunftsland.

Auch Krehnik weiß, dass er vermutlich nicht in Deutschland bleiben darf. Der 20-Jährige kam vor zwei Monaten aus der Türkei. "Ich habe dort neun Monate gearbeitet, um Geld für ein Ticket nach Düsseldorf zu verdienen", sagt der gelernte Automechaniker. In Albanien würde er in seinem Beruf 140 Euro verdienen, was auch für dieses Land zu wenig ist, um davon zu leben. "Nur wer mit Drogen handelt, wird in Albanien reich", sagt Krehnik. Für ihn sei das keine Perspektive gewesen. "Ich wollte so gerne nach Deutschland und es ist auch wirklich ein tolles Land - aber leider nicht für uns Albaner."

(WS03)
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