Solingen Protest gegen die Grundsteuer

Solingen · Nachbarn am Dahler Busch haben Unterschriften gegen die Bescheide der Grundsteuer B gesammelt. Mehr als fünf Millionen Euro bringt die Erhöhung der Stadt. Das ist eine Maßnahme aus dem Sparpaket.

Eine immense Zahl: 53 940 Grundabgabenbescheide, die Eigentümer und Mieter über die Nebenkosten gleichermaßen betreffen, sollen jetzt die klamme Stadtkasse aufbessern und zusammen über 31 Millionen in den städtischen Etat spülen. Die Zahlungsaufforderungen für die Grundsteuer B sind nun verschickt worden. 5,2 Millionen Euro Mehreinnahmen als im vergangenen Jahr bedeutet dies für die Stadt: Weil — wie im Sparpaket vom Stadtrat beschlossen — die Steuer um 20 Prozent erhöht wurde. "Uns blieb keine andere Wahl, als die von uns selbst erhobene Grund- und Gewerbesteuer verantwortungsbewusst und moderat zu erhöhen", schreibt Oberbürgermeister Feith in einem Beibrief — ein Novum in der Solinger Steuergeschichte —, der dem Grundabgabenbescheid beiliegt.

Brief an den OB geschrieben

Bei Klaus-Ulrich Arnold stoßen die Erklärungen auf Unverständnis. Nicht nur bei ihm, sondern auch bei Nachbarn des Dahler Buschs in Merscheid — meist junge Familien, die in dem Neubaugebiet wohnen. Wegen des gesalzenen Anstiegs haben sie einen Beschwerdebrief an den OB geschrieben — mit 33 Unterschriften. "90 Prozent der Nachbarn haben unterschrieben", berichtet Arnold unserer Zeitung.

Dass Feith in seinem Brief eine 20-prozentige Erhöhung als moderat bezeichne, empfindet Klaus-Ulrich Arnold als zynisch. Das sei nicht gerechtfertigt. Nach seiner Überzeugung hat die großangelegte Bürgerbeteiligung zum Sparhaushalt, die den politischen Beschlüssen im Sommer vorangegangen sei, eine reine Alibi-Funktion gehabt. Da vielen Bürgern die kritische Haushaltslage der Stadt sehr wohl bekannt sei, hätten die Solinger diverse Sparvorschläge unterbreitet — und sie hätten auf eine maßvolle Anhebung der Grundsteuer, zum Beispiel in vier Jahresschritten, hingewiesen.

Familien in Bedrängnis

Doch darüber, ärgert sich der Merscheider, habe man sich einfach hinweggesetzt und eine Erhöhung der Grundsteuer für 2010 um 20 Prozent veranlasst. "Diese überzogene und nicht maßvolle Erhöhung bringt besonders junge Bauherren, deren Budget knapp kalkuliert ist, in Bedrängnis." Es sei nur darum gegangen, dass viel Geld in die Stadtkasse komme. Beim Grundsteuer-Aufschlag sei das möglich möglich gewesen, weil alle Solinger davon betroffen seien. Das, so sagt er, bringt einen entsprechenden Ertrag.

Klaus-Ulrich Arnold nennt dies jedoch eine "negative Gebührenpolitik zulasten des Allgemeinwohls". Denn "junge Familien werden sich zukünftig überlegen, sich hier niederzulassen, sei es als Eigentümer eines Grundstücks oder als Mieter".

Mit ihrem Protest sind die Merscheider Nachbarn am Dahler Busch kein Einzelfall. Für die nächste Bürgersprechstunde des Oberbürgermeisters liegen schon zwei Anmeldungen zu eben diesem Thema vor. Gisela Berger, die städtische Beschwerdebeauftragte, hat bislang fünf Beschwerden dazu auf dem Schreibtisch. Und bei der Grundabgabenstelle bei den Entsorgungsbetrieben, die die Grundsteuer B verwaltet, sind schon ein Dutzend Beschwerden aufgelaufen. Der Ärger, heißt es hier, bewege sich aber immer noch im normalen Rahmen. "Jedes Jahr, wenn die Bescheide verschickt werden, gibt es kritische Rückmeldungen."

Allerdings hat es nie zuvor in den zurückliegenden 25 Jahren eine derartige Erhöhung bei der Grundsteuer mit gleich 20 Prozent gegeben. Stadtsprecherin Sabine Rische entgegnet dazu auf Anfrage unserer Zeitung: Seit 16 Jahren habe es bei der Grundsteuer schon keine Erhöhung mehr gegeben.

Berichte zum Sparpaket unter www.rp-online.de/solingen

(RP)
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