Kommunale Abgaben Das große Gefälle bei der Grundsteuer

Düsseldorf · Das Institut der deutschen Wirtschaft hat in den deutschen Großstädten einen spürbaren Anstieg gegenüber der Berechnung von 2018 festgestellt. Für die Städte und Gemeinden ist die Grundsteuer wichtig.

                    

                   

Foto: GRAFIK: PODTSCHASKE

Neben der Gewerbesteuer ist die Grundsteuer eine der wichtigsten direkten Einkommensquellen für Deutschlands Städte und Gemeinden. Über den Hebesatz beeinflussen sie die Höhe der Einnahmen wesentlich mit. Die Kommunen haben damit in den vergangenen Jahren nicht schlecht gelebt. Immerhin fließt jedes Jahr ein zweistelliger Milliardenbetrag aus der Grundsteuer in ihre Kassen.

Umso wichtiger sind die Einnahmen für viele der 11.000 Kommunen, von denen manche finanziell bekanntlich extrem klamm ist. Nun hat sich das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) die Entwicklung für 2021 angeschaut und die Daten mit jenen für das Jahr 2018 verglichen. Erfasst wurden die Angaben für 100 deutsche Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern, darunter etliche aus der Region, wie die untenstehende Tabelle zeigt. Die wichtigste Erkenntnis dabei: Das Gefälle ist groß. In Gütersloh etwa müssen die Eigentümer eines Standard-Einfamilienhauses mit vier Bewohnern jährlich 323 Euro Grundsteuer zahlen, in Witten dagegen sind es 771 Euro. Zwischen dem günstigen Standort in Ostwestfalen und dem teursten im Ruhrgebiet liegen also fast 450 Euro Unterschied. Im bundesweiten Durchschnitt, den die IW-Forscher in ihrer Untersuchung berechnet haben, liegt die Grundsteuer bei 478 Euro pro Jahr. Das sei ein leichter Anstieg gegenüber der Erhebung für 2018, erklärte das Kölner Institut am Dienstag.

Im Vergleich zur damaligen Studie haben zwölf Städte inzwischen die Grundsteuer angehoben. Zu denen gehören Mülheim/Ruhr, das am Stärkungspakt Stadtfinanzen NRW teilnimmt, dafür aber einen ausgeglichenen Haushalt braucht und wohl auch deshalb die durchschnittliche Grundsteuer um nahezu 40 Prozent auf 754 Euro erhöht hat. Der Hebesatz ist um 250 Prozentpunkte auf 890 Prozent gestiegen. In Gelsenkirchen sind es „nur“ 130 Prozentpunkte, die den Bürgern aber auch eine durchschnittliche Mehrbelastung von 110 Euro pro Jahr einbrocken. Auf der anderen Seite steht beispielsweise Leverkusen, wo die Grundsteuer um fünf Prozent auf 635 Euro gefallen ist, und Remscheid (minus drei Prozent auf 525 Euro).

Kai Warnecke, Präsident des Verbandes Haus & Grund, in dessen Auftrag die Studie erstellt wurde, spricht angesichts dieses Gefälles davon, dass in einigen Städten die Last „geradezu explodiert“ sei. Es müsse dringend gegengesteuert werden. Die Kommunen sollten Strategien für eine Grundsteuersenkung entwickeln und dies den Bürgern erklären, so der Verbandspräsident.

Wie hoch die Grundsteuer ist, liegt in der Tat vor allem am Hebesatz, den die Kommune bestimmt. Die Berechnung ist kompliziert: Der Hebesatz wird mit einem Grundsteuer­messbetrag multipliziert, der sich wiederum aus dem Einheitswert der Immobilie und der Grundsteuermesszahl ergibt. Diese Messzahl legt fest, welcher Teil des Einheitswertes steuerpflichtig ist. Sie hat das IW mit einem Wert von 2,6 Promille zugrundegelegt und dann mithilfe der einzelnen kommunalen Hebesätze im Februar 2021 die jährlichen Grundsteuerlasten kalkuliert.

In einigen Jahren wird indes anders ermittelt, zumindest was die Einheitswerte angeht. Denn vor drei Jahren hat das Bundesverfassungsgericht die Ermittlung der für die Grundsteuer maßgeblichen Einheitswerte in Westdeutschland für verfassungswidrig erklärt. Die werden bisher auf der Basis von 1964 errechnet. Sie seien daher völlig überholt und ließen keine Gleichbehandlung zu, urteilten die Karlsruher Richter. Es musste also eine Neuregelung her. Die lautet: Bis 1. Januar 2022 müssen alle Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden, danach alle sieben Jahre. Die neue Grundsteuer soll erstmals am 1. Januar 2025 fällig werden. Bis dahin sind noch die bisherigen Einheitswerte gültig.

Die Grundsteuer fließt übrigens in zwei Kategorien: Die sogenannte Grundsteuer B gilt für bebaute und für unbebaute Grundstücke. Für landwirtschaftliche Betriebe fällt hingegen die Grundsteuer A an. Bezahlen müssen sie einmal pro Jahr die Eigentümer von Grundbesitz und Gebäuden, die die Belastung über die Nebenkosten aber an die Mieter weitergeben können – und dies in den meisten Fällen, wo das möglich ist, sicher auch tun.

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