Solingen "Central ist das Sorgenkind"

Solingen · Udo Vogtländer, sozialdemokratischer Bezirksbürgermeister in Gräfrath, über Central als Eingangstor der Stadt, Chancen für den Ortskern, einen möglichen Supermarkt am alten Bahnhof, die Anbindung nach Vohwinkel und den Kampf gegen Politikverdrossenheit.

 Am alten Bahnhof könnte ein neuer Supermarkt entstehen.

Am alten Bahnhof könnte ein neuer Supermarkt entstehen.

Foto: Mak (Archiv)

Herr Vogtländer, die Grünen haben Unternehmer Siegfried Lapawa, der im Ortskern von Gräfrath viele Häuser besitzt, vorgeworfen, er lasse einige Liegenschaften "dahingammeln". Teilen Sie diese Kritik?

 Für Obusse der 683 bald erreichbar: S-Bahnhof Vohwinkel

Für Obusse der 683 bald erreichbar: S-Bahnhof Vohwinkel

Foto: Mak(Archiv)

Vogtländer Ich glaube nicht, dass gegenseitige Vorwürfe den Stadtbezirk weiterbringen. Es ist zwar richtig, dass Siegfried Lapawa von manchen Gräfrathern kritisch gesehen wird. Doch man darf dabei nicht vergessen, dass er in den zurückliegenden Jahren auch einiges im historischen Ortskern auf die Beine gestellt hat.

Zum Beispiel?

Vogtländer Denken Sie nur an den Klosterbräu-Saal oder das Hotel zur Post, das nun saniert wird. Da muss man schon sagen: Da sind Dinge vom Feinsten entstanden, die Gräfrath nach vorne bringen.

Was man in Sachen alter Gräfrather Bahnhof aber nicht behaupten kann. Der gehörte auch Siegfried Lapawa. Und jetzt klafft auf dem Grundstück nur noch eine Baulücke.

Vogtländer Es ist richtig, dass ich gegen den Abriss war. Doch nun könnte auf dem Areal ein neuer Supermarkt entstehen — in Sichtweite des Ortskerns.

Wobei Sie eigentlich den Standort Gerberstraße befürworteten.

Vogtländer Eine Befragung der Bürger im und rund um den historischen Ortskern durch die SPD hat aber ergeben, dass es dafür keine Mehrheit gibt. Wichtig ist, dass wir wieder einen Vollsortimenter nach Gräfrath bekommen.

Es gibt zwei mögliche Standorte: Eben das ehemalige Bahnhofsareal und an der Straße Dycker Feld. Welche Option halten Sie für die bessere?

Vogtländer Ich denke, dass der Bahnhof geeigneter ist. Am Dycker Feld ist der Tennisverein. Der Club macht eine tolle Jugendarbeit wie andere Vereine in Gräfrath auch. Und nun gibt es Pläne, dort eine Veranstaltungshalle für die Gräfrather Vereine zu errichten. Da müsste man erst einmal prüfen, wie sich dies mit einem Einzelhandelsgeschäft vertragen würde.

Also ist der alte Bahnhof erste Wahl. Wann könnte der Supermarkt denn stehen?

Vogtländer Das hängt natürlich von dem möglichen Investor ab. Es gab schon Kontakte der Investoren mit einigen Handelsfirmen. Meiner Ansicht nach ist es jetzt nötig, möglichst schnell eine Potenzialanalyse für den Markt sowie ein Verkehrsgutachten zu erstellen. Das muss der Investor machen. Von Seiten der Stadt gibt es jedenfalls einen Aufstellungsbeschluss für dieses städtebauliche Filetstück, der Einzelhandel ermöglicht.

Andere Gegenden im Stadtbezirk sind wiederum keine Filetstücke. Die Wuppertaler Straße fällt deutlich ab.

Vogtländer Ja, leider. So war die Politik in der Bezirksvertretung auch gegen eine neue Tankstelle, die gerade an der Wuppertaler Straße errichtet wird. Aber baurechtlich ist das möglich. Und wenn ein Betreiber glaubt, eine weitere Tankstelle würde sich lohnen, ist das eben der Markt.

In anderen Teilen von Gräfrath scheint wiederum niemand investieren zu wollen. Am Central gibt es viel Leerstand.

Vogtländer Das ist in der Tat ein Problem, das angegangen werden muss. Central ist ein Sorgenkind. Immerhin ist die Kreuzung am Central das Eingangstor nach ganz Solingen. Wer von Norden kommt, muss über Central, egal ob er in die Innenstadt oder nach Ohligs will. Und da ist es natürlich nicht gut, wenn die Besucher einen schlechten ersten Eindruck bekommen.

Was ist denn aus Ihrer Sicht das Hauptproblem am Central?

Vogtländer Es fehlen die Parkplätze. Deshalb gibt es Gespräche mit der Wirtschaftsförderung sowie in der Verwaltung mit der Stadtentwicklung.

Sie glauben doch nicht im Ernst, dass es Geld von der Stadt gibt?! Die ist doch pleite.

Vogtländer Schon richtig. Aber ganz prinzipiell kann es nicht sein, dass die angespannte Haushaltslage und die Schulden immer als Totschlagargument herhalten. Wir müssen auch darauf achten, dass wir eine positive Entwicklung anschieben und die Stadt nach außen hin gut verkaufen. Das geht aber nicht, wenn ständig geklagt wird.

Nur an dem Punkt, dass Solingen in der Haushaltssicherung steckt, kommen Sie auch nicht vorbei.

Vogtländer Natürlich nicht. Doch gerade darum gilt es, nach Lösungen zu suchen. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die Obuslinie doch noch einmal bis zum S-Bahnhof Vohwinkel verlängert wird?

Wahrscheinlich hat eine solche Lösung wohl niemand mehr für möglich gehalten!

Vogtländer Eben. Und doch wird der Bahnhofsvorplatz in Vohwinkel bald umgebaut werden und damit für Solinger Busse erreichbar sein. Dafür mussten wir alle Beteiligten an einen Tisch bringen. Diese Mühe hat sich gelohnt. Wichtig ist es, mit Herzblut für eine Verbesserung für die Menschen zu kämpfen.

Sie selbst sind voll berufstätig und üben das Amt des Bezirksbürgermeisters im Stadtbezirk Gräfrath ehrenamtlich aus. Mal Hand aufs Herz, haben Sie nicht manchmal Lust, einen erfreulicheren Nebenjob zu machen?

Vogtländer (lacht) Nein, nein, ich bin schon ganz zufrieden. Außerdem können wir Politiker in der Bezirksvertretung etwas für die Menschen bewirken und so dafür sorgen, dass die Distanz zwischen Bürgern auf der einen und Verwaltung sowie Politik auf der anderen Seite nicht noch größer wird. So wird es demnächst eine Bürgerversammlung in Nümmen zu Verkehrsproblemen geben. Es ist unsere Aufgabe, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen und gegenüber der Verwaltung zu vertreten. Das werden wir auch im Fall Nümmen machen.

Martin Oberpriller führte das Interview.

(RP)
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