Neuss Schüler als UN-Diplomaten in New York

Neuss · Elftklässler des Marie-Curie-Gymnasiums debattierten in den Konferenzräumen der Vereinten Nationen. Sie schlüpften in die Rollen tschechischer Diplomaten und verbündeten sich mit Argentinien, um ihre Ziele durchzusetzen. Ein Spiel.

Neuss: Schüler als UN-Diplomaten in New York
Foto: ""

Brooklyn Bridge, Central Park, Ground Zero. Die Elftklässler des Neusser Marie-Curie-Gymnasiums (MCG) haben Mitte April während ihrer einwöchigen Reise nach New York so ziemlich jeden Touri-Ort in der Metropole mitgenommen, den die Stadt zu bieten hat. Doch stand im Fokus der Reise nicht weniger als die Weltpolitik.

 Bei der UN: Melanie Busch, Franziska Halbhuber und Charlotte Reinle bei der Stimmabgabe. Bild rechts: v.l. Charlotte Reinle, Christian Heinzel, Jan Di Benedetto, Sarah Tillert, Melanie Busch, Sophie Fedder und Ralf Pommerening.

Bei der UN: Melanie Busch, Franziska Halbhuber und Charlotte Reinle bei der Stimmabgabe. Bild rechts: v.l. Charlotte Reinle, Christian Heinzel, Jan Di Benedetto, Sarah Tillert, Melanie Busch, Sophie Fedder und Ralf Pommerening.

Foto: MSG, Woi

In den Räumen der Vereinten Nationen schlüpften sie in die Rolle ausländischer Diplomaten, debattierten über die Auswirkungen der neuen Medien auf die Demokratie, feilschten minutiös um jedes noch so kleine Detail in Verträgen und schmiedeten Allianzen mit anderen Nationen, um Gegner auszuspielen. "Wir haben die politischen Strukturen kennengelernt und verstehen jetzt auch, warum weltpolitische Entscheidungen oft eine lange Vorlaufzeit brauchen", sagt Schüler Jan Di Benedetto (17).

Das Projekt heißt "Change the World Model United Nations" (CWMUN), zu Deutsch: Ändere das Weltmodell der Vereinten Nationen. Dabei handelt es sich um ein großes Jugendparlament, das einmal im Jahr in den Konferenzräumen der Vereinten Nationen weltpolitische Themen durchspielt. Die Neusser erhielten die Einladung, nachdem die Schüler im März in Willich ein ähnliches Debattier-Projekt gegen deutsche Schüler gewannen.

In New York schlüpften Jugendliche aus rund 50 teilnehmenden Nationen drei Tage lang in die Rolle ausländischer Diplomaten. Die Neusser vertraten dabei die tschechische Politik. "Die Schwierigkeit war, das Fachvokabular auf Englisch zu erlernen und sich die politischen Interessen des zugeteilten fremden Staats anzueignen", erklärt Christian Heinzel. Dazu mussten Positionspapiere ausgearbeitet werden. In Deutschland erhielten die Schüler politischen Feinschliff von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der den jungen Leuten auf Anfrage Tipps gab.

Als schwierige Verhandlungspartner zeigten sich immer wieder die russische sowie die chinesische Delegation, die - um ihre Interessen durchzusetzen - einen schwer überwindbaren Block bildeten. "Ein Spiegelbild der Realpolitik", wie der stellvertretende Schulleiter Ralf Pommerening kommentierte. Gleichzeitig zeigt dieses Beispiel aber auch, wie nah das Spiel an die echte Weltpolitik heranrückt.

Als Allianzpartner fanden die Neusser beispielsweise die Delegation Argentiniens. Dazu waren teils hitzige Debatten in den sogenannten "unmoderated caucus" (Verhandlungsmodell der Vereinten Nationen) nötig, um auf den gleichen Nenner zu kommen. "Es ist toll zu sehen, mit welchem Selbstverständnis sich unsere Schüler auf diesem hohen Level bewegen und in solchen Sitzungen auch das Wort ergreifen", sagt Pommerening. "Wir wissen jetzt, dass wir uns immer einbringen können", sagt Schülerin Charlotte Reinle.

Besonders in Erinnerung bleibt den Schülern die Rede des ehemalischen italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta. Er habe mit Blick auf den weltweit voranschreitenden Rechtspopulismus nahegelegt, dem in den sozialen Netzwerken mit Argumenten zu entgegenzuwirken. Die Masse sei noch immer zu passiv.

Überflüssig fanden die Neusser den Auftritt von Fußballer Andrea Pirlo. Der ehemalige italienische Nationalspieler ist zum Ende seiner aktiven Karriere beim "New York City FC" unter Vertrag und wollte mit seiner Teilnahme zumindest den Schülern seines Heimatlandes eine Freude bereiten. "Wir empfanden es aber als deplatziert. So als ob Lothar Matthäus plötzlich bei einer politischen Debatte auftreten würde", verglichen die Schüler.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort