Vor 25 Jahren: Peter Wilhelm Kallen stirbt Eine prägende Nachkriegspersönlichkeit

Vor 25 Jahren: Peter Wilhelm Kallen stirbt · Rudolf Rother kann sich noch gut an die Ratssitzungen erinnern, an denen Peter Wilhelm Kallen teilgenommen hat: "Häufiger hat er seinen Kopf leicht nach hinten gelehnt, hat den obligaten Griff in die Westentasche getan und einen kleinen Bleistift herausgezogen." Dann habe Kallen eine Rechnung aufgemacht und ein Projekt kalkuliert.

"Das waren immer gefürchtete Situationen", erinnert sich der Beamte. So mancher Ratsherr, aber auch die Verwaltung wurden von Kallen dann oft eines Besseren belehrt, und es konnte eine preisgünstigere Variante verwirklicht werden. Peter Wilhelm Kallen gehört zu den bedeutenden Nachkriegsgestalten, die den Ruf der Stadt nachhaltig geprägt haben.

In den 60er Jahren war er als Nachfolger von Alfons Frings Oberbürgermeister. 1969 gab er das Amt an Herbert Karrenberg ab und übernahm bis 1977 die Aufgabe des Bürgermeisters. Am Sonntag vor 25 Jahren starb Kallen im Alter von 68 Jahren. In seiner Zeit als OB nahm die Stadt eine stürmische Entwicklung. Sie überschritt mit 100.000 Einwohnern die Grenze zur Großstadt. Zahlreiche Wohnungsbauprojekte wurden verwirklicht.

Kallen sah gerade hierin eine wesentliche soziale Aufgabe, waren die Wohnverhältnisse doch vielfach noch sehr beengt. Kallen gilt noch heute als volksnaher Prototyp des katholisch geprägten Neusser Kaufmanns. Viele Jahre war er Vorsitzender des Finanzausschusses und als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschuss war er zugleich ein kritischer Beobachter der Stadtverwaltung. Gerade in der Finanzpolitik sieht Bürgermeister Herbert Napp noch heute das Vermächtnis von Kallen.

"Seine Grundphilosophie führen wir noch heute fort", sagt Napp. Der heutige Bürgermeister lernte Kallen bereits früh kennen. "Als ich dann in den Stadtrat kam, war der alte Kallen der erste, der mich in die Geheimnisse der Kommunalpolitik einführte", erinnert sich Napp. Mit Kallen gewann die CDU im Jahre 1961 erstmals nach 1946 die absolute Mehrheit im Stadtrat. Er holte später seinen Freund Herbert Karrenberg in die Politik, der zu Kallens Tode als amtierender OB die sehr persönlich gehaltene Ansprache hielt.

"Er erkannte", sagte Karrenberg über den verstorbenen, "dass die aus Trümmern erwachsene junge Demokratie nur Bestand haben konnte, wenn breite Schichten der Bevölkerung zur Mitarbeit bereit waren." Karrenberg erinnerte daran, dass Kallen ein begeisterter Schütze war. 1958 wurde er Schützenkönig, im selben Jahr war Karrenberg Hoher Reitersieger. Kallen war Vizepräsident des Komitees, zuvor marschierte er im Schützenlustzug "Rollende Dötz" mit, der sich aus einem Kegelklub gegründet hatte.

Kallen entstammte einer alten Familie. Sein ältester Sohn Peter Wilhelm Kallen erinnert sich: "Er war ein lieber, nicht sehr strenger Vater." Seine Frau Alice Kallen, geborene Karrenberg, fügt hinzu: "Er war ein extrem begeisterter Großvater." Doch eine schwere Krankheit verhinderte, dass er das neunte Enkelkind noch kennen lernte. Carsten Greiwe

(NGZ)
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