Neuss Der Rhein prägte die Kunst ganzer Epochen

Neuss · Das Clemens-Sels-Museum besitzt Werke von Johann Wilhelm Schirmer, mit dessen Namen die "Rheinromantik" verbunden ist.

 Uta Husmeier-Schirlitz, Leiterin des Clemens-Sels-Museums, hat im Bestand ihres Hauses auch etliche Arbeiten von Künstlern, die sich von der Landschaft im Rheintal inspirieren ließen.

Uta Husmeier-Schirlitz, Leiterin des Clemens-Sels-Museums, hat im Bestand ihres Hauses auch etliche Arbeiten von Künstlern, die sich von der Landschaft im Rheintal inspirieren ließen.

Foto: Andreas Woitschützke

Als Motiv steht der Rhein seit Jahrhunderten im Blickpunkt verschiedenster Künstler aus unterschiedlichen Epochen. Mal naturgetreu als mächtiges, ruhiges Gewässer vor Auenlandschaften, mal abstrakt als einfacher blauer Pinselstrich. Auch in einer verwandten Disziplin, der bildenden Kunst, ist der Fluss gefragt wie nie: Ein Bild des Rheins ist vor einigen Monaten als teuerste Fotographie aller Zeiten bei einer Kunstauktion verkauft worden.

"Der Rhein ist aus der Kunst nicht wegzudenken", sagt die Leiterin des Clemens-Sels-Museums, Uta Husmeier-Schirlitz. Während Flüsse vor dem 16. Jahrhundert fast ausschließlich auf Landkarten als Handels- und Schifffahrtsrouten zu sehen sind, stehen sie nach dieser Zeit im Mittelpunkt einer neuen Kunstrichtung. "Die Landschaftsmalerei kommt etwa im 16. Jahrhundert auf, erst zu dieser Zeit wird die Natur als eigenständiges Motiv wahrgenommen", erklärt Husmeier-Schirlitz.

Ihre Blütezeit erlebt die Landschaftsmalerei im 17. Jahrhundert, Rembrandt ist einer ihrer bekanntesten Vertreter. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt sich eine spezielle Form der Landschaftsmalerei, für die der längste Fluss in Deutschland als Namenspate steht: die "Rheinromantik". "Auftrieb bekam die ,Rheinromantik' von der Düsseldorfer Malerschule. Vor allem Johann Wilhelm Schirmer als erster Lehrer der sogenannten Landschaftsklasse an der Kunstakademie war ein großer Vorreiter dieser Richtung", sagt Husmeier-Schirlitz, die das Museum seit sechs Jahren leitet.

Das Clemens-Sels-Museum besitzt die drittgrößte Werksammlung Schirmers. "Er liebte das Panorama-Format, extrem langgestreckte Bilder, da ist der Rhein ein passendes Motiv. Gleichzeitig steht der Fluss immer für das Moment von Größe, er spiegelt die Weite der Landschaft wider." Den unmittelbaren Natureindruck hat der naturbegeisterte Schirmer allerdings nur in Vorarbeiten wiedergegeben, seine Ölgemälde hatten immer noch den Anspruch, die Szenerie zu überhöhen und zu idealisieren. "Die hohe Innovationskraft, die in seinen Skizzen steckt, hat er anscheinend selber noch nicht erkannt. Sie wirken weitaus ursprünglicher als die komponierten und farblich idealisierten Ölgemälde. Diese Mode war noch dem Stil der Zeit geschuldet", analysiert die Museumsleiterin.

Ganz anders setzen die Vertreter des Rheinischen Expressionismus ihre Sicht auf die Natur und insbesondere auf den Rhein künstlerisch um. Zu der avantgardistischen Gruppe, die sich kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gründete, gehörte neben August Macke, Heinrich Campendonk und Max Ernst auch Walter Ophey. Eine Kreidezeichnungs-Serie des Malers stellt den Rhein in den Mittelpunkt.

Am Beispiel der Zeichnung "Düsseldorf gegenüber Kaiserswerth" erläutert Husmeier-Schirlitz die Besonderheit seines Stils. "Sehr reduziert und mit ganz wenigen Strichen schafft Ophey es, eine ganze Landschaft vor dem inneren Auge entstehen zu lassen. Das angedeutete Dampfschiff zeigt, dass er nichts verklärt, sondern die Landschaft in seiner tatsächlichen Situation malt." Auch bildkompositorisch nutzt er den Fluss für neue Möglichkeiten. "Normalerweise gibt es als Horizonte nur Himmel und Erde. Durch den Rhein baut er ein neues Horizontband auf, das ist einfach gekonnt", sagt die 42-Jährige.

Dass der Rhein in der Kunst auch heute noch eine herausgehobene Rolle spielt, beweist die derzeit teuerste Fotographie der Welt. Das Werk von Andreas Gursky wurde im November 2011 im Auktionshaus "Christie's" in New York für 4,3 Millionen Dollar versteigert. Der Titel: "Rhein II".

Info Bilder von Ophey werden exklusiv ausgestellt: Wer sich die vier Bilder aus Opheys Rhein-Kreidezeichnungsserie ansehen will, hat dazu am kommenden Wochenende Gelegenheit. Aus Anlass der NGZ-Rheinserie stellt das Clemens-Sels-Museum am Samstag und Sonntag, 13. und 14. September , die Werke des Expressionisten im Obertor aus. Die Öffnungszeiten sind Samstag von 11 bis 17 Uhr und Sonntag von 11 bis 18 Uhr, der Eintritt ist frei.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort