Moers Sparkassen-Azubis: "Hauptsache Arbeit"

Moers · Für ein Theaterprojekt haben sich die angehenden Banker mit dem Thema Karriere auseinandergesetzt. Sie sollen ihre Auftrittspräsenz bei Kundengesprächen verbessern, gleichzeitig aber auch soziale Kritikfähigkeit ausbauen und pflegen.

 Die Auszubildenden zeigten das Stück auf der Bühne des Schlosstheaters.

Die Auszubildenden zeigten das Stück auf der Bühne des Schlosstheaters.

Foto: Christoph Reichwein

"Was 70 Prozent gut machen, können 50 Prozent noch besser." Das meint der Chef eines großen Versicherungsunternehmens und eröffnet seinen Angestellten auf einer Betriebsfeier, dass einige von ihnen demnächst mit ihrer Entlassung rechnen müssen. Wen es dabei treffen werde, wisse man allerdings noch nicht so genau. Das, so erfahren die erschrockenen Mitarbeiter, hänge von ihrem Leistungswillen, vor allem aber davon ab, wie viel ihnen ihre Arbeit bedeute.

"Viel, sehr viel", beteuern die meisten. Doch das genügt dem Chef nicht. Er will auch wissen warum, und hat deswegen für diesen Abend einen so genannten Motivationstrainer angeheuert, der dazu mit den Betroffenen eine Reihe perfider, erniedrigender Spielchen veranstaltet, bei denen alle - sogar der Chef selber - am Ende auf der Strecke bleiben. "Hauptsache Arbeit", so hieß das von der in Weimar geborenen und heute in Zürich lebenden Kolumnistin, Buch- und Theaterautorin Sibylle Berg geschriebene Stück, mit dem zwölf Auszubildende der Sparkasse am Niederrhein auf der Bühne des Moerser Schlosstheaters zu sehen waren. Das ungewöhnliche Theaterprojekt ist das vierte seiner Art in den vergangenen vier Jahren.

Die angehenden Sparkassenkaufleute sollen damit ihre Auftrittspräsenz bei Kundengesprächen verbessern, gleichzeitig aber auch ihre soziale Kritikfähigkeit ausbauen und pflegen. Dem entsprechend sind die Stücke, die der Theaterpädagoge des Jungen Moerser Schlosstheaters Holger Runge mit ihnen einstudiert, oft alles andere als gefällige Unterhaltung. So auch in diesem Fall.

"Arbeit, was ist das eigentlich? Warum gibt es so viele Menschen, die darin mehr als ihren Broterwerb sehen und dafür bereit sind, erbarmungslos ihre Ellenbogen einzusetzen?" Die Akteure in Sibylle Bergs Stück haben darauf sehr unterschiedliche Antworten. Für den einen bedeutet die berufliche Karriere den Sprung aus ärmlichen Kindheitsverhältnissen, für den nächsten die Flucht aus einem nichtssagenden, privaten Alltag. Andere wiederum hoffen damit, ihre heimlichen Minderwertigkeitsgefühle zu kompensieren, und dann sind da schließlich noch diejenigen, die einfach nur gerne Macht über andere ausüben.

All diese unterschwelligen Beweggründe galt es an diesem Abend zu verteidigen. Zunehmend auch mit körperlicher Gewalt oder, wie im Fall zweier weiblicher Mitarbeiter, durch sexuelle Anbiederung. Mit anderen Worten: Das Stück war keine leichte schauspielerische Aufgabe für die zwölf jungen Auszubildenden.

Dennoch meisterten sie es erstaunlich gut. So gut, dass ihnen Sparkasssenchef Giovanni Mala-ponti am Ende ein großes Lob aussprach, wobei er abschließend aber noch einmal ausdrücklich betonte: "Das hier spielte in einem Versicherungsunternehmen und nicht in der Sparkasse am Niederrhein."

Das in diesem Jahr von Schlosstheaterpädagoge Holger Runge mit Auszubildenden der Sparkasse am Niederrhein einstudierte Stück "Hauptsache Arbeit" der Kolumnistin, Buch- und Theaterautorin Sibylle Berg ist nach seiner Premiere am Montag noch einmal am heutigen Mittwoch im Moerser Schlosstheater zu sehen.

Beginn der Vorstellung ist um 19.30 Uhr. Karten zum Preis von sieben Euro gibt es im Vorverkauf unter Telefon 02841 8834110 und an der Abendkasse.

(lang)
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