Moers "Es muss Raum für Traurigkeit geben"

Moers · Morgen feiern Protestanten den Ewigkeitssonntag. Für manche ein Anlass, an den Tod geliebter Menschen zu denken. Dorothee Bartsch weiß als Trauerbegleiterin, wie schwer das sein kann.

Was für die Katholiken das Allerheiligenfest ist, das ist für Protestanten der Ewigkeitssonntag. Morgen werden viele von ihnen die Gräber von Angehörigen besuchen. Manche darunter haben vielleicht erst in jüngster Zeit einen geliebten Menschen verloren. Einige suchen in so einer schweren Situation Hilfe, beispielsweise die von Dorothee Bartsch. Sie ist Trauerbegleiterin für das Neue evangelische Forum des Kirchenkreises Moers.

Wer mit ihr spricht, dem wird klar, dass es nicht darum geht, die Trauer als einen unerwünschten Zustand zu vertreiben. "Es muss Raum für Traurigkeit geben", meint Bartsch. Daher rät sie davon ab, Trauernden mit Gemeinplätzen wie "Das wird schon wieder" zu kommen. Menschen, die hartnäckig trauern, seien für unsere moderne Welt tatsächlich eine Art Provokation. "Die Erfahrung zeigt, dass die Umgebung nach etwa einem halben Jahr ungeduldig wird, wenn Menschen in Trauer verharren.

Trauern gehört zum Menschsein, aber das will keiner mehr hören, es wird drüber weggebügelt." Doch das könne sich rächen. Menschen, die sich nicht die Zeit nehmen, mit ihrer Trauer auseinanderzusetzen, würden oft nach einer Weile scheinbar grundlos krank. "Die Seele muss eine Menge Energie aufwenden, um Trauer zu unterdrücken." Oft seien es alte Menschen, die vom Tod ihres Partners aus der Bahn geworfen werden. "Nach einer langen Partnerschaft sind diese Menschen manchmal hilflos.

" Doch die Supervisorin begleitet auch jüngere Frauen bei ihrer Trauer um Männer, die in ihren 40ern plötzlich durch einen Herzinfarkt aus dem Leben gerissen wurden. Tiefe Trauer sei da nur allzu verständlich. Das wichtigste Mittel, um den Menschen zu helfen, seien Gesprächstechniken und die Fähigkeit zuzuhören. Bartsch, die beim Neuen evangelischen Forum als hauptamtliche pädagogische Mitarbeiterin in der Erwachsenenbildung tätig ist, hat eine Zusatzausbildung zur Trauerbegleiterin absolviert.

Grundsätzlich, sagt sie, gehe es darum, "einen vertrauensvollen Raum zu schaffen", in dem die Menschen über ihre Gefühle reden können. Gelegenheit dazu bieten Angebote des Forums. Da gibt es den "Trauertreff", den "Raum für Traurigkeit" und das "Trauercafé". Angebote richten sich an Eltern, die ihr Kind bei verloren haben. In manchen Fällen bietet Dorothee Bartsch auch Einzelbegleitung an. Wer einen Menschen verliert, der hadert oft mit Gott.

Es ist die alte Frage, warum der Allmächtige das ganze Leid zulässt — eine theologische Frage. "Mein Gottesbild sagt, das Gott mit uns trauert", sagt Dorothee Bartsch.

(RP)
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