Mönchengladbach Restaurants ohne Mitarbeiter

Mönchengladbach · Sie fordern Schwarzgeld, erscheinen trotz Zusage nicht oder verschwinden nach zwei Tagen wieder: Viele Gastronomiebetriebe leiden darunter, dass ihnen Arbeitskräfte fehlen. Das wird zum Existenzproblem.

 Viele Restaurants in Frankreichs Touristenorten wurden beanstandet.

Viele Restaurants in Frankreichs Touristenorten wurden beanstandet.

Foto: M. Angot / Maison de la France

Sie schalteten Stellenanzeigen, versuchten es übers Internet und über private Kontakte. Erfolgreich waren Kathrin Winkens und Andreas Lehmann nicht. Und das, obwohl es in Mönchengladbach fast 16 000 Arbeitssuchende gibt. Winkens und Lehmann suchen Servicekräfte für ihr Restaurant Lehmann's — als Aushilfe und als Festangestellte.

"Wir könnten zwei Stellen sofort besetzen. Wir sind bereit, gute Frauen und Männer anzulernen. Und wir bezahlen nicht schlecht", sagt Winkens. Doch kaum einer will.

Nicht, dass es nicht ausreichend Bewerber gegeben hat. Doch fast alle, so Winkens, machten unmoralische Angebote: Wenn es denn einen Großteil der Summe schwarz auf die Hand gäbe — ja dann und nur dann seien sie bereit, erklärten die Bewerber. "So etwas können wir uns nicht erlauben", sagt Andreas Lehmann.

Die Folgen bekamen er und seine Frau zu spüren: Sie mussten Reservierungen ablehnen, Besucher abweisen und unter Aufbietung aller Kräfte versuchen, den Laden in Schwung zu halten. Winkens: "Oft verstehen die Gäste das nicht. Es sind Tische frei, und wir müssen ihnen sagen: ,Tut uns leid, wir können sie nicht bedienen.' Da fallen böse Kommentare."

Problem der Branche

Das ist ein Problem der gesamten Branche. "Es mangelt in der Gastronomie und Hotellerie an Fachkräften. Die Situation wird noch dramatischer", sagt Andreas R. Graf, Vizepräsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Nordrhein. Auch er hat erlebt, dass Bewerber Schwarzgeld haben wollen. "Solche Geschichten kann sich ein seriöser Betrieb nicht leisten." Graf hofft, dass die neue Bundesregierung den Arbeitsmarkt in der Gastronomiebranche für Arbeitskräfte aus EU-Ländern öffnet: "Sie nehmen hier keine Arbeitsplätze weg."

Auch Winkens und Lehmann wünschen sich dies, weil sie dann endlich längerfristig planen können. Ihre Versuche, Arbeitskräfte zu finden, scheiterten meist so:

Fall 1 Auf eine Anzeige melden sich 53 Frauen und Männer. Alles Hartz-IV-Empfänger. Viele erscheinen zum Gespräch und erklären: Sie hätten einen Freibetrag von 165 Euro, den sie dazu verdienen können. Den Rest wollen sie schwarz an Finanz- und Arbeitsamt vorbei auf die Hand. Häufiges Argument: "Die nehmen mir sonst was weg."

Fall 2 Es melden sich neun Bewerber, die zur Probe arbeiten wollen. Winkens: "Die neue Gesetzeslage sieht eine Sofortmeldung bei der Rentenversicherung vor." Die Folge: Acht kommen nicht und müssen abgemeldet werden. An- und Abmelden kosten 40 Euro, Winkens und Lehmann zahlen achtmal.

Fall 3 "Lehmann's" beteiligt sich an einem Arbeitsprojekt für allein erziehende Mütter und bietet familiengerechte Arbeitszeiten an. Sie verhelfen einer Bewerberin zu einem Auto und erfahren nach zwei Tagen: "Ich habe keinen Bock mehr. Das ist zu hektisch."

Eine andere sagt zu, um dann nichts mehr von sich hören zu lassen. In diesem Fall ließ Kathrin Winkens nicht locker. Sie erreichte sie nach einer Woche telefonisch und hörte folgende Entschuldigung: "Ich musste dem Arbeitsamt einen Denkzettel verpassen. Die haben mir nämlich das Fahrgeld gekürzt."

(RP)
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