Mönchengladbach Pflegefall Grünpflege

Mönchengladbach · Der Bauausschuss berät heute über die Einsparungen bei der Unterhaltung der städtischen Parks und Gärten. Die Folgen sind gravierend: Viele kleinere Flächen werden sich selbst überlassen, doch auch große Anlagen wie der Bunte Garten sind betroffen.

Ein Schuldenberg von 1,2 Milliarden Euro lastet auf der Stadt. Gespart werden muss folglich an allen Ecken und Enden. 1,2 Millionen Euro, gerade einmal 0,1 Prozent der Gesamtlast, sollen bis 2016 dort eingespart werden, wo die Auswirkungen vielleicht am deutlichsten zu sehen sein werden: bei den städtischen Garten- und Parkanlagen. "Reduzierung von Standards bei Unterhaltungs- und Pflegemaßnahmen bei Grün" heißt der Posten mit der Nummer 2010-0125 im Haushaltssicherungskonzept im besten Verwaltungsdeutsch, über den heute der Planungs- und Bauausschuss und morgen der Umweltausschuss beraten werden. Hinter der Vorlage verbirgt sich ein umfangreiches Zahlen- und Rechenwerk, das exemplarisch aufzeigt, wie dramatisch es um die Finanzen der Stadt bestellt ist. Die Inhalte des Konzeptes im Einzelnen:

Wie setzt sich das Einsparziel von 1,2 Millionen Euro zusammen? Hinter allen rechnerisch ermittelten Summen verbergen sich etwa 70 Prozent Personalkosten, 20 Prozent Sachkosten sowie zehn Prozent so genannte Umlagekosten, etwa aus den Bereichen Personal, Verwaltungsentwicklung und Service sowie Gebäudeunterhaltung. Konkret sollen bis 2016 insgesamt 843 750 Euro an Personal- und 360 000 Euro an Sachkosten eingespart werden.

Werden also Mitarbeiter entlassen? Eben nicht – darum ziehen sich die Sparmaßnahmen ja so lange hin. Die 840 000 Euro an Personalkosten entsprechen 22,5 Stellen, die dauerhaft eingespart werden müssen. Laut Verwaltung ist dies wegen der zu erwartenden Personalfluktuation erst 2018 endgültig zu erzielen. Zugrunde gelegt wurden für die Berechnungen ein jährliches Durchschnittsentgelt von 37 500 Euro und ein Sachkostenanteil je Mitarbeiter in Höhe von 16 000 Euro.

Was lässt sich die Stadt die Grünpflege derzeit kosten? Auf Grundlage der Ansätze für 2010 stehen für die Bewirtschaftung des öffentlichen Grüns und des kommunalen Forsts rund 1,9 Millionen Euro bereit. Nur ein geringer Teil davon (584 000 Euro) wird jedoch für die tatsächliche Unterhaltung der Grünflächen aufgewendet. Der Rest geht für Spielplätze (183 000), Kleingärten (67 400), Verwaltungsaufgaben wie etwa Mieten und Pachten (81 450), bewegliches Anlagevermögen (Kauf von Maschinen und Geräten, 275 000), Unterhalt von Fahrzeugen (450 000, für 2011 bereits auf nunmehr 90 000 gekürzt) und Kleinmaschinen (42 100), Behebung von Leitungsschäden durch Bäume (169 900) sowie Dienst- und Schutzkleidung (47 000) drauf. Um trotz der frei verfügbaren Summe von 584 000 Euro auf das geforderte Einsparpotenzial zu kommen, wird folglich angeregt, die Pflegeklassen vieler Grünanlagen herabzusetzen.

Welche Pflegeklassen gibt es? Die Klassifizierung ist vergleichbar mit den Pflegestufen der Krankenkassen. Die Stadt differenziert zwischen extensiv, normal und intensiv gepflegten Grünflächen, dazu kommt die oberste Kategorie "premium", mit der im wesentlichen der Bunte Garten gemeint ist. Die extensive Pflege bedeutet, dass die Flächen sich größtenteils selbst überlassen werden: So wird nur bei Bedarf gereinigt, Gehölze werden nur dann zurückgeschnitten, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, und Wiesen werden nur einmal im Jahr gemäht. Die "Premium"-Pflege umfasst hingegen alleine zwei bis fünf Reinigungen pro Woche.

Was soll sich ändern, um die Sparziele zu erreichen? Die meisten Grünflächen werden um eine Pflegeklasse herabgesetzt. Bisher werden von den 274 Hektar öffentlichem Grün 106 extensiv, 114 normal, 35 intensiv und 18 "premium" gepflegt. Zukünftig soll es folgende Aufteilung geben: 178 Hektar extensiv (plus 72), 63 normal (minus 51), 26 intensiv (minus neun) und sechs "premium" (minus zwölf). Der größte Anteil der Rückstufungen (383 000 Quadratmeter oder 39 Prozent) fällt im Süden an, der geringste im Westen (123 000 oder 13 Prozent).

Welche konkreten Folgen hat das? Die Reduzierung des Personalbestandes und der Haushaltsmittel bedeuten für den überwiegenden Teil der Grünanlagen, dass nur noch "Verkehrssicherungsmaßnahmen" durchgeführt werden. Das bedeutet etwa für diejenigen Flächen, die von normal auf extensiv umgestellt werden: Ein sehr hoher Anteil der bislang regelmäßig geschnittenen Rasenflächen wird in Wiesen umgewandelt. Die ursprüngliche Bepflanzung wird vielerorts überwachsen, Wege werden "verkrauten". Auch kann die Entschlammung aller Wasserflächen nicht mehr finanziert werden. Treppen, Brücken, Stege und Mauern werden nur noch dann ersetzt, wenn diese zur Gefahr werden und für die jeweilige Anlage zwingend notwendig sind. Aufenthaltsqualität und Bespielbarkeit der meisten Flächen sinken gravierend. "Die Einsparung bedeutet die Aufgabe einer erhaltenden Pflege für den überwiegenden Teil der öffentlichen Grünanlagen", heißt es in dem Konzept.

Was passiert, wenn in den kommenden Jahren neue Flächen hinzukommen? In den nächsten fünf Jahren rechnet die Stadt mit Flächenzuwächsen von mindestens 40 Hektar. Darunter fallen Gebiete wie Grünzug Hardterbroich, Regiopark, Nordpark sowie die Begrünung der Five Barracks. Bisher kommt ein städtischer Mitarbeiter auf eine zu bearbeitende Fläche von rund fünf Hektar (inklusive Schulen, Kindergärten etc.). Nach dem planmäßigen Stellenabbau erhöht sich diese Leistung auf 5,9 Hektar. Die 40 Hektar Zuwachs erfordern zusätzliche 6,75 Stellen, die in den nächsten fünf Jahren eingerichtet oder weniger eingespart werden müssten. Auch hier ist der Beschlussentwurf unmissverständlich: "Sollte der zukünftige Flächenzuwachs nicht durch zusätzliche Stellen abgefedert werden, so müssten gegebenenfalls auch Flächen wie der Bunte und Botanische Garten oder der Schmölderpark in der Pflegeklasse noch weiter als bisher geplant herabgestuft werden."

Ließe sich das Sparziel erreichen, ohne die großen Gärten und Parks anzupacken? Laut Verwaltung würde es nicht ausreichen, beispielsweise alle bisher normal gepflegten Flächen in extensiv zu pflegende umzuwandeln. Angesetzt werden pro Quadratmeter Einsparmöglichkeiten von 1,94 Euro (bei einer Rückstufung von "premium" zu intensiv), 0,87 Euro (intensiv zu normal) und 1,31 Euro (normal zu extensiv).

Welche Rolle spielen kirchliche Grünflächen? Rechnerisch 69 250 Euro sollen bis 2019 dadurch eingespart werden, dass die Pflege des Grüns auf Kirchenflächen an die jeweilige Gemeinde zurückübertragen wird. Dadurch ist es möglich, 46 168 Quadratmeter weniger zu pflegen.

Wann geht es welchen Flächen an den Kragen? Der Geropark soll ab 2013 verwildern, die "Premium"-Pflege im Großteil des Bunten Gartens (Foto) läuft 2015/2016 aus, ebenso die Intensivpflege in Teilen des Volksgartens. Bisher nicht für Einsparungen auserkoren sind unter anderem Schlosspark Wickrath, Stadtwald, Hugo-Junkers-Park, Botanischer Garten, Schloss Rheydt und Teile des Bunten Gartens.

(RP)
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