Krefeld Prachtkäfer setzt Krefelds Eichen zu

Krefeld · Keine einzige Eiche auf Krefelder Gebiet ist noch gesund: Die kränkelnden Bäume ermöglichen eine rasende Vermehrung des Zweipunktigen Eichenprachtkäfers. Seine Larven beschleunigen den Tod der Bäume.

 Daran erkennt man den Befall einer Eiche mit dem Eichenprachtkäfer:

Daran erkennt man den Befall einer Eiche mit dem Eichenprachtkäfer:

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Dem Krefelder Wald geht es insgesamt geringfügig besser, doch den Eichen auf Krefelder Gebiet geht es dramatisch schlecht: Kein einziger Baum ist noch gesund (im Fachjargon: hat die Schadenstufe null). Ein Viertel der Bäume weist schwache Schäden auf; drei Viertel haben deutliche Schäden. Die Lage im Krefelder Wald ist besonders dramatisch: Im NRW-Schnitt haben nur 54 Prozent der Eichen deutliche Schäden. Das sind wesentliche Punkte im neuen Waldzustandsbericht für 2012, der am 17. April im Umweltausschuss vorgestellt wird.

Die geschwächten Bäume werden zur idealen Lebensgrundlage für den Zweipunktigen Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus). Die Käfer sind neun bis zwölf Millimeter lang, glänzen metallisch grün und sind gut erkennbar an zwei Flecken auf den Flügeldecken (unser Foto). Die Käfer legen ihre Eier in der Eichenrinde ab; die Larven fressen sich in den Baum — "gesunde Eichen können Larven meist abwehren", heißt es in einer Broschüre der "bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft" zu dieser Käferart — sie ist in ganz Deutschland berüchtigt als Profiteur kränkelnder Eichen.

Dennoch: Ursache für das Eichensterben sind die Käfer nicht: "Die Eichenprachtkäfer sind ein Sekundärschädling, der Bäume angeht, die bereits geschwächt sind", betont Stadtförster Arno Schönfeld-Simon auf Anfrage. Die Vitalität der Eichen sei durch Klimaveränderungen geschwächt — durch sauren Regen und die Klimaerwärmung. "Die Eichen bilden insgesamt weniger Blätter als früher", sagt der Stadtförster — dadurch sei die Versorgung mit Nährstoffen und die Bildung von Reserven für den Winter beeinträchtigt. Schönfeld-Simon vermutet auch, dass das im Schnitt wärmere Klima zu einem erhöhten Stoffwechsel führt und zu vermehrtem Verbrauch von Reserven beiträgt und zu einem "Vitalitätsverlust" führt.

Um die Vermehrung der Prachtkäfer einzudämmen, will die Stadt einen Strategiewechsel in der Pflege des Waldes einläuten: die "saubere Waldwirtschaft": Kranke und tote Bäume werden demnach nicht so lange wie Möglichkeit im Wald belassen, sondern geschlagen und abtransportiert; auch das Astwerk bleibt nicht zurück, sondern wird geschreddert — um den Besatz der Käferlarven zu vernichten. Schönfeld-Simon schätzt: "Krefeld wird bis zu 300 Festmeter Eiche verlieren" — macht bis zu 300 Bäume.

Große Sorgen bereitet den Waldhütern auch die Esche: Gerade bei jungen Bäumen sei "eine Krankheit namens Eschentriebsterben" zu beobachten. Ausgelöst wird sie durch einen Pilz mit einem fast süß zu nennenden Namen: das Falsche Weiße Stengelbecherchen. Der Pilz lebt auf den Stengeln abgeworfener Eschenblätter und sorgt dafür, dass junge Triebe absterben. "Auch wird die saubere Waldwirtschaft mit dem Entfernen erkrankter Individuen das Mittel der Wahl sein", heißt es dazu in der Vorlage für den Umweltausschuss.

Naturschützer legen Wert darauf, dass der Käfer nicht doch als Ursache für das Eichensterben gebrandmarkt wird: "Ursache ist nicht dieser Käfer, sondern die Beeinträchtigung des ganzen Öko-Systems", betonte gestern ein Sprecher des Krefelder Entomologischen Vereins. So stoßen auch Formulierungen auf Kritik, die aus Sicht der Naturschützer die wahren Zusammenhänge verschleiern, mindestens verkürzen. So heißt es in der Vorlage für den Waldzustandsbericht: "Der Grund hierfür (dafür, dass es den Krefelder Eichen deutlich schlechter geht als im Landesschnitt) ist in der Ausbreitung eines an der Eiche auftretenden Schädlings zu suchen, dem Zweipunktigen Eichenprachtkäfer". Der Käfer sei eben nicht Ursache, sondern Folge der Schädigung des Waldes.

(RP/rl/url)
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