Kleve In den Ferien beim Bauern gearbeitet

Kleve · RP-Serie "Meine Schulzeit" (36): Gerlinde Kopf, die heute in der Evangelischen Stiftung in Kleve lebt, wurde 1932 in die Oberdorfschule in Rippien, einem Ortsteil der sächsischen Gemeinde Bannewitz, eingeschult.

 Gerlinde Kopf ist die fünfte von rechts vor der Evangelischen Grundschule im Oberdorf in Rippien.

Gerlinde Kopf ist die fünfte von rechts vor der Evangelischen Grundschule im Oberdorf in Rippien.

Foto: G. Evers

Die Freude an Handarbeiten hat Gerlinde Kopf, die seit März 2005 in der Evangelischen Stiftung in Kleve lebt, von ihrer Mutter geerbt. Ein von ihr umhäkelter Kleiderbügel aus dem Handarbeitsunterricht ihrer Schulzeit hat alle Höhen und Tiefen ihres bisherigen 87-jährigen Lebens überstanden. Das stille, zurückhaltende Mädchen in der Grundschulzeit hat bis zum heutigen Tage als glückliche Bewohnerin der Stiftung die Geschicklichkeit mit Häkel- und Stricknadeln behalten.

 Eine Erinnerung an ihre Schulzeit: Gerlinde Kopf (87) zeigt einen von ihr umhäkelten Kleiderbügel.

Eine Erinnerung an ihre Schulzeit: Gerlinde Kopf (87) zeigt einen von ihr umhäkelten Kleiderbügel.

Foto: Gottfried Evers

Gerlinde Kopf wurde 1932 in die Oberdorfschule in Rippien, einem Ortsteil der sächsischen Gemeinde Bannewitz im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, eingeschult. In der Schule im Oberdorf waren die kleineren Kinder, in der Schule im Unterdorf wurden die größeren Schüler unterrichtet. Das Elternhaus lag ganz in der Nähe der Schule.

Die beiden Lehrer Haberecht und Weinhold waren jeweils an einer der beiden Schulen. Montags und bei besonderen Gelegenheiten wurde vor der Schule die Fahne gehisst, und die Mädchen trugen dabei die Uniformen des BDM "Bund Deutscher Mädel". Da Gerlinde mit vier weiteren Geschwistern aufwuchs und aus einer ärmeren Familie kam, stand sie bei der Parade ohne Uniform weinend an der Seite und konnte nicht teilnehmen.

In der Schulpause gab es Kreisel- und Völkerballspiele, oder es wurde an einer Stange geturnt. Nach dem Unterricht wurden die Schürzen gewechselt, und man musste im Haushalt helfen. Mit viel Glück gab es zuhause ein Butterbrot mit Margarine. In der Schule bekamen die Kinder ein Brötchen, das sie in Milch tauchten. Noch immer denkt die 87-Jährige daran, dass sie von der Mutter zum Geburtstag einen neuen Porzellan-Henkelmann geschenkt bekam. Sie stolperte und der Henkelmann fiel ihr aus der Hand und war zerbrochen. "Das war damals ein großes Unglück", blickt die 87-Jährige zurück.

Ein Erlebnis war es, wenn der Vater einen Kuchen backte. Das Rezept hat Gerlinde Kopf bis heute behalten. In der Handarbeitsstunde bei Frau Haberecht, der Gattin des Lehrers, wurden Socken gestrickt. In den Schulferien galt es, beim Bauern zu arbeiten. Die Kinder wurden aufgeteilt, und die Lehrer hatten die Aufsicht und gingen dafür von Bauer zu Bauer. "Auf dem Feld gab es Milchsuppe, auch für die Lehrer", erinnert sich die Schülerin. Die Schulkinder mussten abends die Viehställe bei den Bauern sauber machen und den Mist auf einer Trage zum Misthaufen schleppen. Der Bruder von Gerlinde machte gerne Faxen und brachte die Kinder zum Lachen. "Dafür bekam er vom Lehrer mit der Mistgabel einen Schlag auf den Hintern", sagt die Bewohnerin der Evangelischen Stiftung.

Ein schöner Ausflug, an den sie sich noch bestens erinnert, führte einst zu den Karl-May-Festspielen in die Sächsische Schweiz. Auch ein bleibendes Hobby nach der Schule war: In einem großen Teich in unmittelbarer der Nähe der Schule schwamm man gemeinsam mit den Fischen.

(RP)
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