Serie 125 Jahre Liederkranz Grünestraße (1) Röttgener Bauern sangen immer samstags

Hückeswagen · Der Männergesangsverein "Liederkranz" Grünestraße feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen. Die BM blickt in einer kleinen Serie auf seine Geschichte zurück, die in Röttgen begann. Zu Beginn bestand der Chor nur aus Landwirten.

 Die Sänger und der Dirigent des MGV "Liederkranz" Grünestraße im Jahr 1925. Erst fünf Jahre zuvor hatte sich der Chor wieder neu formiert.

Die Sänger und der Dirigent des MGV "Liederkranz" Grünestraße im Jahr 1925. Erst fünf Jahre zuvor hatte sich der Chor wieder neu formiert.

Foto: Archiv Mostert

Dienstagabends füllt sich eine der wenigen im ländlichen Bereich verbliebenen Wirtschaften. Nach und nach treffen 15 bis 20 Gäste ein. Ulla und Inge Hager, die Wirtinnen des Traditionslokals an der Grünestraße, im Volksmund "Hickstump" genannt, schenken ein. Danach herrscht großes Stühlerücken - die Probe des MGV "Liederkranz" Grünestraße im kleinen Saal im ersten Stock beginnt. Dort gibt Dirigent Helmut Schmidt am E-Piano dann für Tenöre und Bässe die Töne an.

Von den zeitweilig acht nach dem Zweiten Weltkrieg in Hückeswagen existierenden Männerchören haben lediglich zwei überlebt. Neben der Chorgemeinschaft 1888 Straßweg ist das der seit 1891 bestehende "Liederkranz". Das 125-Jährige, das in 2016 gebührend gefeiert werden soll, ist ein Resultat von Durchhaltevermögen in einer Zeit abnehmender "Stimmkraft" im "Land der singenden, klingenden Berge".

 1892, im Jahr nach der Gründung, warb der MGV "Liederkranz" in der Bergischen Volkszeitung für sein Konzert. Damals war der Chor noch in Röttgen beheimatet.

1892, im Jahr nach der Gründung, warb der MGV "Liederkranz" in der Bergischen Volkszeitung für sein Konzert. Damals war der Chor noch in Röttgen beheimatet.

Foto: Bergische Volkszeitung

Der MGV "Liederkranz" hat es in seiner langen Geschichte immer schwer gehabt. Als sich der Chor 1891 auf dem Röttgen gründete, waren es durchweg Landwirte, die nach langer Tagesarbeit zum mehrstimmigen Singen samstags in der Regel zwischen 21 und 23 Uhr zusammenkamen. Unter der Leitung von Karl Schneider wurde das "Singen auf dem Lande" mühsam eingeprobt.

Zunächst trauten sich die vielleicht 20 Bauern nur, zu Ständchen aufzutreten. Aber sie hielten durch. Der in den Hückeswagener Annalen hochgeschätzte Dirigent Otto Schmidt übernahm 1893 und formte den Chor "konzertreif". Die Hückeswagener staunten über einen soliden Chor, der später von Röttgen in das Lokal "Hager" an die Grünestraße umzog. Gleichzeitig erhielten die Sänger ihren Spitznamen, nämlich die "Hickstümper". Freunde des Chores dürfen sie noch heute so nennen.

Nach ersten Erfolgen kam schnell ein Dämpfer, der vor keiner Gruppe dieses Genres Halt machte: Der Erste Weltkrieg brach aus, und an der Grünestraße sang niemand mehr. Das Vereinsregister erhielt Trauerränder. Erst 1920, zwei Jahre nach Kriegsende, fand sich der Chor wieder zusammen. Die Initiative hatte Lehrer Fritz Schmitt übernommen, so dass der "Liederkranz" wieder stimmstark mitmischte. Wenn es in den Kassenbeständen oft "klamm" herging, dann klingt es fast wie eine Farce, dass der Mitgliedsbeitrag Anfang 1924 rund 50 Milliarden Mark betrug - es war Inflationszeit.

Ein Glücksfall für den Chor war 1927 die Übernahme des Dirigats durch Willi Enkel. Es gibt im Chorwesen gewisse Dirigenten, die man gern als "Wettstreit-Jäger" bezeichnet. Enkel war sicher von diesem Kaliber. Er brachte dem "Liederkranz" bei solchen Wettbewerben Ansehen und Preise ein.

Das vierstimmige Singen musste dann gegen 1930 eingeschränkt werden, da erste Tenöre auf dem "Hickstump" Mangelware waren. Schließlich setzte der Zweite Weltkrieg dem Männerchor ein jähes Ende. Erst im Oktober 1949 begann der Chorbetrieb aufs Neue. Mit dem Neubeginn konnten die Annalen des MGV "Liederkranz" Grünestraße neu geschrieben werden.

(wird fortgesetzt)

(rt)
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