Hückelhoven Skandalfreie Eier von der Rur dank Silikat

Hückelhoven · Auf dem Schlickhof von Manfred Hermanns in Hilfarth legen die Hühner Fipronil-freie Eier. Muschelkalk hält ihnen die Läuse aus den Federn. Bei den Kunden ist das Rurtal-Ei derzeit heiß begehrt.

 Rurtal-Ei tagesfrisch: Diese Henne hat sich Heu-Rundballen zum Legen ausgesucht. Die Gelege werden auch draußen aufgesammelt.

Rurtal-Ei tagesfrisch: Diese Henne hat sich Heu-Rundballen zum Legen ausgesucht. Die Gelege werden auch draußen aufgesammelt.

Foto: ESSER

Wenn er seine gut 55.000 wichtigsten Mitarbeiterinnen doch nur bitten könnte, einen Zahn zuzulegen in der Produktion. Landwirt Manfred Hermanns könnte jetzt etliche Paletten mit seinem Rurtal-Ei mehr verkaufen. Denn in seinem Betrieb kommt Insektizid nicht an die Hühner. Der Skandal um mit Fipronil belastete Eier hat nun alle Bundesländer außer Sachsen erfasst, die Justiz ermittelt. Indessen sieht sich Max Esser (Edeka Erkelenz) in seiner Philosophie bestätigt, auf regionale Produkte zu setzen, deren Erzeuger er persönlich kennt: "Hermanns ist wohl gerade einer der wenigen Erzeuger mit skandalfreien Eiern." Seit heute gehört auch Kaufland zu den Abnehmern. Supermarktketten ziehen aus dem Skandal Konsequenzen.

Warum das für Lebensmittel nicht zulässige Fipronil, ein Mittel gegen Läuse und Flöhe, in seinen Ställen nicht zu finden ist, erklärte Manfred Hermanns bei einem spontanen Besuch der Redaktion in seinem Hilfarther Familienbetrieb, dem Schlickhof. "Wir lassen seit 2013 die Ställe nicht mehr waschen", erklärt der Landwirt. Natürlich müssen sie bei jedem "Belegschaftswechsel", wenn neue Hühner einziehen, bakterien- und keimfrei sein. "Wir blasen sie mit Luft aus, dann heizen wir sechs Tage bei 60, 70 Grad, davon gehen die Schädlinge ein. Eine Firma bringt Umluft in den Stall und sorgt für ein extrem trockenes Klima." Die Prozedur sorgt zwei, drei Monate für Ruhe. Doch das warme Klima fördert Milben. Jede legt rund 1000 Eier, die Brut wird nach vier, fünf Tagen geschlechtsreif. Daher spritzt Hermanns flüssiges Silikat auf die Wände, überall hin, wo sich die Hühner aufhalten. Die Legehennen "baden" so auch in Muschelkalk. Trocknet das Silikat, setzt sich feiner Staub in den Schuppenpanzer der Milbe und entzieht ihm Wasser. "Und im Sommer, wenn gar nichts mehr geht, müssen wir die Hühner alle vier Tage mit grüner Seife duschen", so das Geheimnis der Plagegeister-Bekämpfung ohne Insektizid. Das geschieht in allen seinen Ställen, wo je 13.000 bis 14.000 Hennen leben - bis zu den älteren Tieren, die mit 80 Monaten ihr "Arbeitsleben" so langsam ausklingen lassen.

Ein belgischer Anbieter wird verdächtigt, einem Reinigungsmittel Fipronil beigemischt zu haben. Daher ist Max Esser überzeugt: "Die Landwirte haben nichts falsch gemacht." Hermanns ergänzt: "Die sind betrogen worden." 20 Millionen Eier verkauft der Hilfarther pro Jahr. Viel mehr als ein Geschäft ist das für Manfred Hermanns, der die Familientradition mit der Spezialisierung auf Hühner weiterführt. Bauern seit 1745. Hermanns ist für den Ceres Award "Landwirt des Jahres" nominiert und im Finale des deutschen Wettbewerbs. Nein, er habe keinen Beruf, hat er den Jury-Experten bei deren Besuch auf dem Schlickhof erklärt. Er sei Landwirt aus Berufung: "Mir macht das irrsinnigen Spaß." Der Landwirt aus Leidenschaft und ein junger Supermarkt-Leiter mit Kulinaristik-Studium und Metzgerausbildung - da haben sich zwei gefunden, die für gesunde Lebensmittel und Produkte heimischer Erzeuger brennen.

"Der Trend geht zum Regionalen", ist Hermanns überzeugt. Er wünscht sich, dass Erzeuger zusammenrücken, um ihre Erfahrungen zu teilen und sich auszutauschen. Seine fleißigsten Mitarbeiterinnen indes wechseln nach Lust und Laune vom schattigen Stall in die Sonne, wo sich mittags nur wenige Hennen aufhalten - der Habicht könnte hungrig sein -, scharren auf der Wiese, wo sie Besuch von Rehen erhalten. Und sorgen für den begehrten Nachschub beim Rurtal-Ei.

(gala)
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