Grevenbroich Zivis werden Mangelware

Grevenbroich · Im St.-Elisabeth-Krankenhaus, bei Wohlfahrtsverbänden wie der Caritas oder im Umweltzentrum Schneckenhaus fehlen ab 1. August die Zivildienstleistenden. Ihr Einsatz wird auf sechs Monate verkürzt. Jetzt wird Ersatz gesucht.

 Peter Giese (19) aus Hochneukirch, Zivi im Kreiskrankenhaus: "Nach einer technischen Lehre habe ich Einblick in den pflegerischen Bereich. Auch das Praktikum zum Fachabitur mache ich hier."

Peter Giese (19) aus Hochneukirch, Zivi im Kreiskrankenhaus: "Nach einer technischen Lehre habe ich Einblick in den pflegerischen Bereich. Auch das Praktikum zum Fachabitur mache ich hier."

Foto: NGZ

Der Zivildienst wird von neun auf sechs Monate verkürzt — was bedeutet das für Wohlfahrtsverbände, Krankenhäuser oder Seniorenheime in Grevenbroich, in denen die Wehrdienstverweigerer aktiv sind? "Das bereitet allen Wohlfahrtsverbänden Probleme. Jetzt müssen andere Lösungen gefunden werden", sagt Norbert Kallen, stellvertretender Geschäftsführer der Caritas. Sind die Zivis kürzer im Einsatz, müssen ihre Aufgaben vom Stammpersonal übernommen oder manche Angebote zurückgefahren werden.

 Sebastian Toll (20) aus Dormagen, Zivi im St.-Barbara-Haus: "Nach der Ausbildung zum Bürokaufmann konnte ich als Zivi im EDV-Bereich und im Büro bleiben - für mich besser als Wehrdienst."

Sebastian Toll (20) aus Dormagen, Zivi im St.-Barbara-Haus: "Nach der Ausbildung zum Bürokaufmann konnte ich als Zivi im EDV-Bereich und im Büro bleiben - für mich besser als Wehrdienst."

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Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Gutenberg hatte die Verkürzung der Zivildienstzeit zum 1. August angeregt; dies haben CDU und FDP beschlossen. Eine freiwillige Verlängerung soll aber weiterhin möglich sein. Sowohl innerhalb der Koalition als auch bei den Nutzern des Zivildienstes ist die Änderung umstritten.

Jetzt wird nach Alternativen gesucht — auch in Grevenbroich. "Dieser kurze Zivildienst lohnt sich für niemanden", sagt Karl-Heinz Brandofsky, Kreisgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Grevenbroich. Beim DRK begleiten derzeit zwei junge Männer Krankentransporte: "Dazu ist eine umfangreiche und qualifizierte Ausbildung nötig. Rechnet man Urlaubszeiten dazu, bleiben als Einsatzzeit maximal zwei Monate." Eine Alternative sieht er im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ).

Auch im Schneckenhaus sind Zivis aktiv — alle sechs Stellen sind besetzt. Den verkürzten Dienst mit der doppelten Stellenzahl auffangen — das ist für den städtischen Umweltbeauftragten Norbert Wolf unmöglich: "Damit würden auch die Ausgaben für die Stadt steigen. Das funktioniert nicht." Was funktionieren könnte: Wenn Jugendliche im Schneckenhaus ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) leisten. Dazu soll jetzt ein Antrag beim Landesjugendamt gestellt werden.

Andere Lösungen für das Kreiskrankenhaus in Grevenbroich muss auch der medizinische Direktor Hubert Retzsch finden. Von zehn Zivildienststellen sind fünf besetzt; Arbeiten im pflegerischen, technischen und administrativen Bereich werden von den Zivis übernommen. "Fehlen die Zivis, müssen wir Personal umschichten", schätzt Retzsch. Was er bedauert: Der Zivildienst bietet die Chance, die Eignung für einen Beruf zu prüfen."

Norbert Kallen betont den Nachteil des kürzeren Zivildienstes für die betreuten Menschen: "Gerade im pflegerischen Bereich muss ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden. Das braucht Zeit." Es werde schwierig, die personelle Lücke im Alltag zu schließen. "Bereits bei einem Ausflug hilft es, wenn jemand da ist, um die Rollstühle zu schieben." Helfen könnten 400-Euro-Kräfte oder Jugendliche im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ).

(NGZ)
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