Geldern Willi, der Wurstmann

Geldern · Seit 65 Jahren tingeln die Kebbens mit Imbisswagen über Volksfeste am Niederrhein. Ihre Bratwurst hat vielerorts Kultstatus. Auf die Gelderner Kirmes freut sich Willi Kebben besonders – auch weil sein Großvater von hier stammt.

 So sah der erste Imbisswagen der Familie Kebben aus, mit dem sie in den 1950er-Jahren auf der Kirmes stand.

So sah der erste Imbisswagen der Familie Kebben aus, mit dem sie in den 1950er-Jahren auf der Kirmes stand.

Foto: privat

Von Anfang Mai bis Mitte November ist Willi Kebben auf Achse. "Im Frühjahr fängt das große Kribbeln an", sagt der hagere 1,96-Meter-Mann. Dann zieht er von Mönchengladbach über die Volksfeste am Niederrhein. Mit mindestens einem seiner drei Imbisswagen ist er auf jeder Kirmes vertreten. In Geldern baut er vom 11. bis 14. Juni das Prunkstück auf: eine neun mal zwölf Meter große Bratwurstbude, 23 Tonnen schwer.

 Dass Willi Kebben auf der Gelderner Kirmes Würstchen anbietet, hat schon eine lange Tradition.

Dass Willi Kebben auf der Gelderner Kirmes Würstchen anbietet, hat schon eine lange Tradition.

Foto: Gerhard Seybert

Wo alles begann

Wenn man so will, steht der Koloss fast genau dort, wo alles begann. Am Nordwall, "etwa 100 Meter Luftlinie von meinem Standort entfernt", schätzt Kebben, wurde im Jahr 1902 sein Großvater Wilhelm geboren. Weil auch sein Vater Wilhelm hieß, nennt sich Kebben heute Willi III.

Willi I. war Metzger und baute Ende der 50er Jahre den ersten Imbisswagen mit integrierter Wurstküche. Nachdem die Herstellung von frischen Fleischprodukten in mobilen Fahrzeugen kurzfristig gesetzlich verboten wurde, erlangte Großvater Kebben eine Sondergenehmigung des Landwirtschaftsministers. Und führte fortan den Titel "Reisemetzger". Als solcher ist Willi III. noch heute unterwegs – auch wenn er seine Würste mittlerweile nach alter Rezeptur von einem Mönchengladbacher Fleischfabrikanten herstellen lässt: "Ich würde das auch selber machen, aber der Tag hat nunmal nur 24 Stunden..."

Dass der Junior überhaupt einmal in die Fußstapfen seines Großvaters und Vaters treten würde, war früher nicht klar. Eigentlich wollte der heute 45-Jährige den Familienbetrieb nicht übernehmen. Nach dem Abitur und einer abgebrochenen Ausbildung zum Metzger lernte er Koch in einem Düsseldorfer Hotel: "Aber nach zwei Jahren Lehre habe ich gemerkt, dass ich nicht für immer in der Küche stehen will. Also bin ich zu meinem Vater gegangen und habe ihm gesagt: Papa, ich bin doch Schausteller!" Ein Glücksfall für ihn und viele zufriedene Kirmes-Gäste am Niederrhein.

Kult in der Region

Denn: Die Kebben-Wurst ist inzwischen Kult in der Region. Sogar ins Fernsehen hat sie es schon geschafft. Vor einigen Jahren war ein Döner-Bratwurst-Vergleich zu sehen – mit Willi III. in der Hauptrolle. Teile davon wurden auf der Gelderner Kirmes gedreht, sagt der stolze Wurstmann.

Ob in diesem Jahr wieder ein Kamera-Team vorbei schaut, ist ungewiss. Sicher ist, dass wieder viele Menschen in die Kebben-Wurst beißen.

"Ein Sonsbecker hat Jubiläum, der kommt seit 50 Jahren", weiß Willi. Und schickt noch eine Liebeserklärung an die Drachenstadt hinterher: "Geldern ist für mich ein Stück meiner Heimat. Ich fühle mich hier wohl, und die Leute freuen sich, wenn ich komme."

(RP)
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